Krefeld
HLHE Dialog
Der menschliche Maßstab / Anna K.E., „Für unsere Eltern“ / Marion Baruch, „Soziales Gewebe“
Haus Esters Haus Lange 06.10.2024–09.02.2025
von Ellen Wagner
Auf die Wände sind grobe und feine Bleistiftraster und milchige Schriftzüge aufgebracht. Wechselnde Körperhaltungen, ein Zittern und Hinken, Rotation und Wiederholung schieben sich unruhig zum Gedicht, bilden ein mehrdeutiges Gewebe über dem stadtplanerisch bereiteten Grund. Die Worte sind aus Kreide und Marzipan – was der Stimme des Wolfs im Märchen Sanftheit verleiht, uns wässrige Münder und klebrige Finger beschert. Ein Verbundstoff, aus dem Erinnerungen und Zukunftsträume, Fortschrittsversprechen und andere Herausforderungen für den menschlichen Stoffwechsel gemacht sind. Was davon wir jeweils kosten, zeigt sich erst mit der Verdauung.
Anna K.E. (*1986, Tiflis) transformiert geometrische Formen, Denk- und Bewegungsmuster, wie sie das Erbe der künstlerischen Moderne, aber auch unser auf Funktionalität – im Fall der Künstlerin zudem im klassischen Ballett – trainiertes Körpergedächtnis prägen. In Haus Esters wird uns der Weg von einer Art statischem hüfthohen Fließband aus Metallresten und zahllosen, teils nur millimeterdicken Magneten abgeschnitten und aufgefangen zugleich – es leitet uns als Parcours fiktiver Architekturmodelle durch die Räume. Wie in einer Science-Fiction-Welt, in der wir zu groß und das Spielmaterial zu widerspenstig geraten ist, liegt die Statik der Installation Blowing From the East Fallen Leaves Gather in the West (2021–24) allein in der wechselseitigen Anziehung schwer kontrollierbarer Einzelteile – suggerierte Gewissheit für den Moment mehr als Versprechen in die Zukunft. „Vibrationen in Absprache halten sich fest“, heißt es an der Wand, in ähnlicher Tendenz, sich weg vom berechenbaren Halt…