Jürgen Raap
Hermann Pitz
Galerie Fricke, 16.9.-21. 10.1 988
“Dessauerstraße” (West-Berlin 1980): Eine Würfelpyramide, deren Wände aus Fototransparenten hinter Glas bestehen, von innen beleuchtet, zeigt den Treppenhausrest eines zerbombten Hauses aus drei verschiedenen Perspektiven: von der Straßen-, von der Hofseite und von der Kreuzung her. Eine freistehende Ruine mit zugemauerten Eingängen. Hermann Pitz wählte zur Aufstellung dieser Skulptur bewußt die Nische neben der Wendeltreppe, die in den Ausstellungsraum im Souterrain hinunterführt, denn nur “von oben”, von der Treppe aus, hat der Betrachter eine Aufsicht auf alle drei Seiten zugleich. Verschiebung von Wahrnehmungsperspektive und Korrektur des Sehens sind ein wesentlicher Aspekt in allen Arbeiten von Hermann Pitz, und hier werden sie nicht nur in der konkreten Plazierung, sondern auch in der “gekippten Montage” der Pyramidenwände realisiert: Die Fotos wurden schrägwinklig aufgenommen und wiederum so gekippt im Raum angeordnet, daß der Betrachter die abgebildete Häuserfassade scheinbar senkrecht vor sich hat.
Die Ausstellung besteht aus vier skulpturalen Arbeiten, die im Zeiträum 1980-88 entstanden sind, wobei aber nur dieser Würfel in konkretem Raumbezug realisiert ist, die anderen Beiträge definiert Pitz als “autonome Stücke”, bei denen der reale Umgebungsraum lediglich eine Resonanzfläche für künstlerische Inszenierung sei: “Ausgangspunkt ist sicherlich immer das Erlebnis von Architektur in stadträumlichen Situationen. Aber der Raum für die konkrete Installation ist dann beliebig. Ich versuche, raumunabhängige Methoden des Vorgehens zu entwickeln und diese dann im Raum zu inszenieren.”
Somit läßt sich das Pitzsche Konzept unter dem Stichwort “Wahrnehmungsparadoxon” umreißen, der methodische Ansatz konzentriert sich auf die Verschiebung und Verzerrung von Größenverhältnissen. Die “Atelierstudie” (Amsterdam 1984)…