Johannes Meinhardt
Hermann de Vries
Galerie Mueller-Roth, Stuttgart 19.10.-30.11. 1985
Die Ausstellung von Herman de Vries versammelt 13 neue Arbeiten von 1984 und 1985, die eine umfassende Darstellung des momentanen Standes seiner Produktion geben, gerade darin, wo es in seiner Werkentwicklung eine stringente Verschiebung des theoretischen Zentrums gibt, so daß diese neuen Arbeiten sich in einem gewissen Sinn ungleichzeitig zueinander verhalten: die Positionen des konstruierten Zufalls; der Schaffung von zufälligen Rahmenbedingungen (innerhalb derer dann die Elemente oder Einzelheiten gesammelt oder notiert werden); des Zufallsfundes (der aber immer schon in einem Kontext von Bedeutungen, Bewertungen und Sätzen steht); der Katalogisierung eines zufälligen Gegenstandsbereichs; und der inhaltlichen Katalogisierung und Untersuchung eines in sich bedeutenden und komplexen Gegenstandsbereichs (wie etwa ein Katalog der Rauschdrogen »Mind Moving«) folgen aufeinander, bestehen aber auch mehr oder weniger gleichzeitig.
Herman de Vries’ Hauptarbeitsbereich – und in vielen Punkten ist seine Sensibilität der von John Cage nahe verwandt – war in den Jahren 1962 bis 1975 der Versuch, Subjektivität in der Erfassung von Wirklichkeit, und davon abgeleitet, in der Produktion durch Zufallsreihen zu objektivieren: »Random Objectivations«. Konkrete Poesie, Lettrismus, Zeichnungen nach Zufallsreihen gehörten zu seinem Werk. Durch die immer tiefere Beschäftigung mit Taoismus, Zen, Tantra in den 70er Jahren verschob sich der Einsatzpunkt der Objektivation vom produzierten Zufall zunehmend auf die Kontingenz der Wirklichkeit, vor allem der Erde und ihrer Pflanzen: die Sammlung aller Elemente einer Pflanze, eines beliebigen Wiesenstücks, aller Bodenarten eines Gebietes (so die Tafel von Erdabreibungen »od ceský zeme«, 1984) oder der ganzen Erde (»from earth«, 1985), die…