Ingo Arend
Herbert Brandl
Museum Haus Esters, Krefeld, 4.9. – 23.10.1994
Ich kann kein System erkennen, gar keine Form”. Irritiert steht eine Schülerin vor den Arbeiten Herbert Brandls im Krefelder Haus Esters, wo sie eine Stunde Kunstunterricht absolviert. Erstaunlich, welche Irritationen malerische Abstraktion heute noch immer hervorruft.
Die Ausstellung im Museum Haus Esters ist Herbert Brandls erste Einzelausstellung in einem deutschen Museum nach der Beteiligung an der documenta und der Ausstellung “Der zerbrochene Spiegel” in Wien und Hamburg. Sie zeigt 20 seiner neuesten, bislang nicht ausgestellten Arbeiten aus den letzten zwei bis drei Jahren. Es frappiert, wie genau die Arbeiten des 1959 in Graz geborenen, jungen österreichischen Künstlers zu dem passen, was Heinrich Klotz kürzlich einmal die “Zweite Moderne” genannt hat. Sie kennzeichne, daß sie die Abstraktion der Moderne vom Beginn des Jahrhunderts aufnehme, allerdings ohne deren Willen, ins Leben zu entgrenzen, an das Ende des Bildes zu gelangen. Sie setze stattdessen auf die “unprogrammatisch freie Abstraktion”, auf die “Ästhetik der Komposition mit schwerelosem Gestus und mit befreiendem Pinselstrich auf großformatiger Leinwand”.
Brandls Arbeiten sind zu Beginn der achtziger Jahre entstanden, an der Nahtstelle der Auseinandersetzung zwischen Konzeptkunst und der neuen Malerei. Die Rückeroberung der Sinnlichkeit, um die es damals ging, das Festhalten an der Leinwand als ästhetischer Probebühne, die Freude an der malerischen Arbeit sind damals wie heute die klar erkennbaren Merkmale seiner großformatigen Arbeiten, meist übereinandergelegter Farbflächen. Zwar tauchen bei Brandl gelegentlich Farben auf, die an die “wilde” Malerei erinnern: rosa, grau schwarz, gelb, türkis, orange, leuchtrot. In seinen abstrakten Arbeiten setzt…