Annelie Pohlen
Helmut Schweizer
Strahlende Geschenke aus verstrahlten Minen im Labor der Kunst
Anlässlich der Ausstellung des eben 28-jährigen Helmut Schweizer in der Kunsthalle Kiel schreibt Eberhard Freitag 1974 “…überraschte mich die Vielfalt der von ihm avisierten Perspektiven…”. Der so lapidare wie zutreffende Titel lautet “Handlungen”.1 Was Schweizer dort wie in schnell folgenden Ausstellungen ausbreitet, sind Objekte, Foto- und Video-Arbeiten, die nicht mehr und nicht weniger vorführen als alltägliche Arbeitsvorgänge, wie sie – jedenfalls im Ansatz – Gärtnern, Naturschützern und selbst Hausfrauen vertraut sind: Umpflanzen, Beschneiden, Bäume markieren, Einfärben, Einschweißen etc. Zugegeben, manches scheint etwas absonderlich, z. B. jene Zeit raubende ‘Entblätterung’ von Tulpen, Blatt für Blatt, Blütenblatt für Blütenblatt, bis nichts anderes mehr übrig bleibt als das Herz. Dass auch dieses geköpft wird, hat seine eigene Logik.
Beiläufig ist auch die Gestaltung der Publikation. Das Cover ziert ein Aufkleber in der Art damals geläufiger Schulhefte, weswegen eine hintergründige Note ‘lehrreicher’ Unterweisungen anklingt. Dem Anschauungsmaterial sind Schweizers Gedanken und Fragen zu den seit 1969 entstandenen Arbeiten vorgeschaltet: “Behauptung: Will der Mensch etwas über die Natur erfahren, so operiert er mit ihr, an ihr, er handelt und erkennt… Die Natur zwingt dem Menschen eine Form der Erkenntnissuche auf, die dieser dann auf sich selbst, das Menschliche und auf das von ihm Produzierte, das Künstliche, überträgt.”2 Um wie viel mehr dürfte Freitag der Stand der Dinge im “Laboratorium 1969 – 2010” in der Städtischen Galerie Wolfsburg überrascht haben. Die Erkenntnissuche aus vier Dekaden zieht wie ein roter Faden durch medienübergreifende Versuchsanordnungen eines Künstlerforschers, der sich…