Dirk Schwarze
Helmut Middendorf
Kunstverein Göttingen, 19.2. – 26.3.1995
Helmut Middendorf ist ein Maler der Großstadt. Bekannt wurde er durch seine grellen, hektischen Bilder, die in Berlin Anfang der 80er Jahre entstanden. Middendorf ist immer noch in Berlin zu Hause, hat aber sein zweites Standbein seit einiger Zeit in einer anderen Weltstadt, in Athen. Auch dort lebt und arbeitet er im Banne des städtischen Lebens, der Menschenmassen. Aber die Gemälde und Arbeiten auf Papier, die er in den letzten Jahren geschaffen hat, haben nur noch wenig mit der Malerei zu tun, mit der Middendorf nach wie vor in Verbindung gebracht wird. Von dem heftigen, wilden, neoexpressionistischen Malstil ist kaum etwas geblieben. Einzig die Zeichnungen und Aquarelle, die Middendorf nach wie vor zur Selbstvergewisserung (im Sinne von Tagebuchnotizen) entstehen läßt, stellen eine gewisse Kontinuität her. In ihnen hält der Maler Figuren und Situationen in wohl gesetzten Pointierungen fest, so daß sie häufig in die Nähe der Karikatur rücken.
In einer Ausstellung des Kunstvereins Göttingen (im Alten Rathaus) zieht Middendorf eine Bilanz seiner jüngsten Schaffensperiode. Die Schau trägt den griechischen Titel “Omonia”, mit dem der Maler auf einen zentralen Platz in Athen anspielt und mit dem er wiederum auf das Großstadtleben verweist. Die Stadt wird kaum sichtbar. Statt dessen die Menschen, die in ihr leben. Massenhaft tauchen ihre Köpfe auf den Bildern auf, gesichtslos und silhouettenhaft. Es ist, als würden nur die Schatten der Menschenköpfe sichtbar.
Wenn man allerdings die Ausstellung durchwandert, dann konzentriert sich das Auge sehr schnell auf eine andere Ebene der Bilder, dann…