Helle Jetzig
realities 2.0
Galerie von Braunbehrens 21.01. – 10.03.2017
von Martin Blättner
New York reloaded! Für den Künstler Helle Jetzig finden die Mysterien offenbar in der amerikanischen Weltstadt statt. Die faszinierenden Straßenschluchten, die Fassadenstrukturen, die Reklametafeln und der betriebsame Verkehr verdichten sich zu Bildszenen im prismatisch gebrochenen Licht: Es bleibt unklar, ob es sich um Tages- oder Kunstlicht handelt. So oder so ist es ein irreales Farblicht, das dieses Extrakt der Ansichten durchdringt und es steht in einem gewissen Kontrast zu den „realities“, die der Künstler uns präsentiert, aber es wird in einem längeren Werkprozess geradezu alchemistisch verschmolzen. Mit der Wirklichkeit hat dieses Manhattan nur dem Schein nach zu tun, obgleich hie und da Begrifflichkeiten als Wortfragmente wie die „indices“ auftauchen, die auf das riskante Börsengeschäft der Zocker hinweisen könnten. Auch die Namen der Opfer vom Anschlag auf die Zwillingstürme tauchen auf einer Mahntafel auf – das „NY (Phoenix Rising) D1“-Bild sondert sich tatsächlich deutlich ab von allen anderen – es lässt mehr Freiraum zu als alle anderen Bilder, die in den Farbglanz und die Strukturen der pulsierenden Metropole eingebettet sind: Wie Phönix aus der Asche erhebt sich hinter den in einer Tafel eingravierten Namen der neu errichtete One-World-Trade-Center. Der Triumph des himmelwärts aufgerichteten und monumental zu Stein gewordenen Neuanfangs hinterlässt zugleich eine nahezu unangenehme Leere, die mit etwas Pathos und Farbwolken kaschiert ist. Dennoch ist mit diesem Bild wie bei allen anderen kein politisches Statement beabsichtigt. Der Osnabrücker Künstler hat rein formale Interessen im Blick – inhaltliche Bedeutungen ergeben…