Hamburg
Helene Appel
Letters
Drawing Room 14.09. – 09.11.2023
von Jens Asthoff
Briefumschläge, Spülwasser, Kartoffelschalen, Autoleuchten: Es ist eine eher ungewöhnliche Reihe von Dingen, die Helene Appel (* 1976) in ihrer Ausstellung im Hamburger Drawing Room zusammenführt, und jedes dieser Dinge ist ein Bild. Appel, die an der HfBK Hamburg bei Olav Christopher Jenssen und am Londoner Royal College of Art studierte, erforscht und entfaltet in ihrer Malerei seit beinahe zwei Jahrzehnten die Differenz von Bild und Gegenstand. Sie wählt unterschiedliche Alltagsdinge als Motiv, immer wieder auch im Sinne von Herausforderung an ihre Malerei. Mit veristischer Genauigkeit und im Maßstab eins zu eins porträtiert sie einzelne Objekte so, als lägen sie unmittelbar auf ungrundierter Leinwand, waagerecht und ganz der Schwerkraft in der Fläche überlassen. Hängt das Sujet gekippt um 90° als Gemälde an der Wand, bricht das die malerisch erzeugte Illusion. Täuschend echt gemaltes Spülwasser, Brotkrumen, Sand oder geschnittener Lauch, sie tropfen, rieseln oder fallen in ihren Bildern eben nicht von der Leinwand. Obwohl es bei Appel zum Reiz der Bilderfahrung zählt, dass man es ihnen jederzeit zutraut. Die Künstlerin holt den Raum des Gegenständlichen in ihre Malerei – und legt im selben Augenblick die Illusion auch offen.
Meist sind es einfache Dinge, ein Briefumschlag etwa: Drei sind in der Schau zu sehen, gleichlautend betitelt mit Umschlag (2023) unterscheiden sie sich klar nach Typ und Format. Für Appel erfordert beinah jedes neue Sujet ein Anpassen, Variieren, Erfinden malerischer Verfahren: Von Öl über Acryl, Gouache, Aquarell oder Grafitstift bis zu Maskierflüssigkeit oder Enkaustik nutzt sie…