Christian Kravagna
Heldenplatz revisted
In die Fensternischen des Wiener Burgtores, zwischen Hofburg, Heldenplatz und Ring, montierte Johanna Kandl Ende September großformatige Fotos von russischen Armeeangehörigen sowie Fotos von österreichischen Präsenzdienern. Der klassizistische Bau aus dem frühen 19. Jahrhundert dient seit 1934 als “Österreichisches Heldendenkmal” und ist damit Allerheiligstes des österreichischen Bundesheeres. Kandls Intervention hat zunächst einmal den Effekt, daß die Soldatenbilder die militärische Codierung des Baus überhaupt sichtbar machen, gibt doch das Bauwerk nach außen hin für Uneingeweihte, etwa die zahlreichen Touristen, die täglich das Tor passieren, kaum Hinweise darauf. Daß der Einbau von Ehrenhalle und monumentalen Ehrenstiegen als eine der wichtigsten architektonischen Manifestationen des austrofaschistischen Ständestaates derart im verborgenen liegt, hat nicht nur symbolische Dimensionen insofern, als man darin die der Öffentlichkeit entzogenen, doch stets präsenten autoritär-ideologischen Kräfte gespiegelt sehen kann. Der unsichtbare militärische Raum bestätigt auch paradig- matisch das Interesse der Künstlerin an der Armee als einen “Modellfall einer Gesellschaft innerhalb der Gesellschaft”. Kandls Fotos zeigen daher das Militär nicht in den Formen, in denen es sich der Öffentlichkeit präsentiert, sondern von der unheroischen Seite des Kasernenalltags, der internen Feiern und der langweiligen Wachdienste.
Kandls Soldaten-Faible, das sich schon 1989 in einem Fresko für den Mannschaftsspeisesaal einer Kaserne in der Wiener Neustadt manifestiert hatte, rührt wohl nur zu einem Teil aus der Geschlossenheit des militärischen Systems, welche sie mit jener der “Kunstszene” vergleicht. Jedenfalls hatte es mit dem von ihr in Berlin beobachteten Abzug der russischen Armee aus der ehemaligen DDR neue Nahrung erhalten. Es folgten Besuche in den neu…