Heinrich Pichler
geb. 1960 in Gmünd/Kärnten, lebt in Wien
Unübersehbar ist der konstruktive Habitus der Bildfeldgestaltung, deren rationale, zweidimensionale Konzeption ab einem gewissen Punkt in bedeutungshafte Imagination umschlägt. Der Betrachter wird angeregt, den handwerklichmalerischen Aufbauprozeß quasi archäologisch nachzu vollziehen. Das Anlegen eines einfachen Liniennetzes, die gestische Binnenstrukturierung, das Übereinanderlagern verschiedener Malschichten, durch deren ausgesparte Ritzen verborgene Muster durchscheinen. Dazu verführt auch der pastos aufgetragene Farbbrei, der der Leinwandoberfläche andeutungsweise die Haptik eines Reliefs und von weitem manchmal auch eines Mosaiks verleiht.
Der scheinbaren Formalisierung von gestalterischen Entscheidungsprozessen entspricht auf der anderen Seite die Verschlüsselung von hintergründigen Bedeutungsstrukturen. Rationalität und Irrationalität sind hier keine Widersprüche, wie dies sonst von manchen Puristen der modernen Malerei verkündet wurde, sondern sie sind zwei Wirkungskomponenten, die wesentlich das ästhetische Erlebnis abstraktgeometrischer Kunst ausmachen. Pichler inszeniert dieses Erlebnis auf dem Hintergrund einer schon differenzierten Malkultur, die in ihrer Machart manchmal auch ins jugendstilhafte Raffinement hinüberspielt.
M.B.