Martin Seidel
Heimo Zobernig
»HIER UND JETZT im Museum Ludwig«
Museum Ludwig, Köln, 20.2. – 22.5.2016
Die Biennale Venedig 2015 zieht weiterhin ihre Kreise. Yilmaz Dziewior, damals noch Leiter des Kunsthaus Bregenz, hatte als österreichischer Kommissär für die Biennale Heimo Zobernig eingeladen, den Länder-Pavillon zu bespielen. Zobernig, der Postminimalist, krempelte daraufhin den Pavillon in einer anspruchsvollen Intervention um. Mit Verschalungen von Decke, Boden und der Rundbögen veränderte er die Proportionen des 1934 von Josef Hofmann entworfenen Pavillons und trieb ihm die verbliebenen historistischen Reminiszenzen aus. Der Eingriff, so radikal er war, hielt sich zurück, machte sich selbst zum Exponat und Thema und glänzte gegenüber mancher Exaltiertheit der Biennale in seiner Reduziertheit und Ruhe.
Eine Variation dieser passgenauen Pavillon-Intervention gab es gleich drauf in dem von Dziewior geleiteten Bregenzer Kunsthaus. Umständehalber wurde nicht der hölzerne Originaleinbau des Pavillons nach Bregenz transferiert, sondern dort in einer mit Lackfolie überzogenen Pappe nachgebaut. In Peter Zumthors Kunsthaus freilich bekam Zobernigs Konstrukt einen neuen Sinn. Was in Venedig architekturbezogene Architektur, Konstruktion und Dekonstruktion war, bewies hier – neben Zobernigs Regalobjekten, einer Vorhanginstallation und Schaufensterplastiken – seine Qualität als autonome Deckenskulptur.
Da Dziewior ans Museum Ludwig in Köln berufen worden war, ergab sich eine weitere Gelegenheit, Zobernigs wandlungsfähigem Gebilde eine neue Seite abzugewinnen. In Köln findet die Bregenzer Originalpappe – nicht frei von Dellen – programmatisch eine neue Anwendung. Programmatisch, denn Zobernig eröffnet die von Dziewior ins Leben gerufene neue Reihe „HIER UND JETZT im Museum Ludwig“. „Hier und Jetzt“ versteht sich als „Grundreflektion“ und „Grundskepsis“, als Gelegenheit, in interdisziplinären…