Max Glauner
Heimo Zobernig
»ohne Titel (in Red)«
Kunsthalle Zürich im Museum Bärengasse, 15.1. – 20.3. 2011
Eine Retrospektive und ortsspezifische Kunst schließen sich für gewöhnlich aus. Was aber, wenn man „so tut als ob“? Wenn sie sich gleichzeitig behaupten und sich in dieser gleichzeitigen Behauptung gegenseitig dementieren? „Identität ist eine wandernde Sache“, gab Heimo Zobernig diesem Magazin einmal programmatisch zu Protokoll (Bd. 170, 2004, S.197 ff). „Wandernde Sachen“ oder „zurückprojizierte Konstruktionen“ sind die Begriffe von Werk und Ort, Biographie und Geschichte allemal. Dass deren Verschiebung und Überlagerung gelingen kann, hat Zobernig nun in der Kunsthalle Zürich mit seiner Ausstellung „ohne Titel (in Red)“ intelligent und nonchalant unter Beweis gestellt.
Die Kunsthalle Zürich hat es sich nicht leicht gemacht. Wegen umfangreichen Sanierungsarbeiten bis 2012 musste sie das angestammte Löwenbräu-Areal an der Limmat räumen und bespielt nun zwei frühbarocke Patrizierhäuser mitten in der Stadt. Die trutzigen Gebäude in der Bärengasse sind, gefakte Historie in technophiler Wiederholung des Loreto-Wunders, für einen Kurator zeitgenössischer Kunst eine Herausforderung: Als die UBS-Bank am Paradeplatz Anfang der 1970er-Jahre ihre Geschäftsräume nach Nordwesten erweitern wollte, standen ihr just die zwei Bürgerhäuser im Weg. Auf Schienen wurden sie an ihren heutigen Standort transloziert und für den Museumsbetrieb des Schweizerischen Landesmuseums parat gemacht, das dort bis 2008 in gedrungen kleinen Räumen mit Holzgetäfeltem, Deckenstuck und Kachelöfen bürgerliche Wohnkultur präsentierte. Das alles ist noch vorhanden und steht unter Denkmalschutz.
Wie soll man damit umgehen?„So tun, als ob,“ so tun, als arbeite man Site-spezifisch, so tun, als würde man eine Retrospektive zeigen, um beides zu…