Heike Ruschmeyer
Viele Bilder male ich aus einer Wut heraus, weil ich nicht weiß, wohin damit
Ein Gespräch von Matthias Reichelt
Heike Ruschmeyer gehört zu den Ausnahmen im deutschen Kunstbetrieb. Sie malt verstörende Szenen von Tod, Suizid, Gewalt, Terroranschlägen, Beerdigungen und Missbrauch. Nie hat sie sich Moden unterworfen oder dem Zeitgeist angepasst. Ihr Blick gilt der gesellschaftlichen Wirklichkeit und lässt sich auch nicht von bunten Fassaden ablenken. In ihrem Fokus liegen die öffentlichen Tatorte rassistischer Gewalt von Rostock-Lichtenhagen bis Köln ebenso wie die intimen und äußerst bedrückenden Szenen aus Kinder- und Schlafzimmern. Ruschmeyer interessiert sich für die Verlierer der Gesellschaft, denen sie sich nahe fühlt. Ihre Malerei ist Kritik an den sozialen Verhältnissen, die sie auch in Texten übt. Matthias Reichelt besuchte Heike Ruschmeyer Anfang Dezember 2015 in ihrem Atelier auf dem Künstlerhof Frohnau in Berlin.
Warum hast du immer so düstere Themen: Missbrauch, Tod, Gewalt, Mord, Selbstmord, vermisste Kinder. Gibt es dafür eine persönliche Disposition?
Mir ist nichts Anderes eingefallen. Aber es ist bestimmt auch in meinem Elternhaus begründet. Meine Eltern sind Jahrgang 1927/1929 und mein Vater wurde Anfang 1944 noch als Luftwaffenhelfer eingezogen. Dann folgten Arbeitsdienst und Ende 44 Heeresdienst. Mein Vater war Zeit seines Lebens so gut wie stumm, und meine Mutter weinte von Zeit zu Zeit. Dabei hörte sie nicht auf, mir das Grauen des Zweiten Weltkriegs immer wieder wortreich in geradezu plastischen Bildern zu beschreiben. Zudem waren die ersten fünf Jahre meines Lebens begleitet vom qualvollen Sterben meiner Tante an Lymphdrüsenkrebs.
Dein Vater hat gar nichts vom Krieg erzählt?
Kaum. Nur…