Hauchkörper als Lebenszyklus
Rebecca Horn ist Wilhelm-Lehmbruck-Preisträgerin 2017
Lehmbruck Museum 24.11.2017 – 02.04.2018
von Claudia Posca
Das wurde ja auch mal Zeit: Als erste Frau überhaupt hat Rebecca Horn den renommierten Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg erhalten. Er wurde der 1944 im südhessischen Städtchen Michelstadt im Odenwald geborenen Ausnahmekünstlerin für ihr beeindruckendes Lebenswerk im November 2017 verliehen. Und man fragt sich: warum erst jetzt, zählt doch die 73jährige Bildhauerin seit Jahrzehnten zu den ganz Großen der Gegenwartskunst. Ihre Ausstellungsliste ist beeindruckend, aus großen und größten internationalen Sammlungen sind ihre Werke nicht mehr wegzudenken. Wer einmal in den Bann der traumverlorenen Präzionsmechanik ihrer Kunst geriet, hat auf ewig deren kratzbürstige Sanftheit unter der Haut.
Unvergessen etwa: Rebecca Horns historisch angedockte Installation „Das gegenläufige Konzert“ auf den Skulptur.Projekten Münster 1987 im Alten Zwinger. Zig klopfzeichenschlagende Pickel hämmerten dort im Schummerlicht Sound und Historie in Herz und Hirn. Bedrückend. Kritisch. Ergreifend.
Jetzt setzt sich die Geschichte fort. Die Duisburger Schau lädt zum Gang durch einen Kosmos ein, darin mit „Einhörnern“ performt und mit Körperextensionen gespielt wird, wo Filme zu plastischen Erzählungen geraten, sich überdimensionierte Nadeln als „Hauchkörper“ im Raum bewegen, eine antike Continental-Schreibmaschine „AMORE“ zum Beben bringt und ein „Schildkrötenseufzerbaum“ das phantastische Manifest skulpturaler Kommunikation zwischen Neugier, Zuwendung, Voyeurismus, Staunen und Gemeinschaft gibt. Manchem erscheint das als rechtes Wonderland. Anderen ist die Feinsinnigkeit der Werke Rebecca Horns ein sinnliches Reflektieren existentieller, auch spiritueller Verwebungen von Mensch, Tier und Welt.
Dafür, und auch für die kontinuierliche thematisierte Integration widerstreitender Pole zwischen Wärme und Aggression hat…