Kollaborationen Teil 9:
Hasenköttel und Peperoni
Lars Eidinger und John Bock inszenieren Ibsens Peer Gynt an der Schaubühne Berlin
Eine Gesprächsreihe von Max Glauner
Das Theater gilt als Ort künstlerischer Zusammenarbeit par excellence. Es liegt nahe, dass sich die Kunstforum-Reihe Kollaborationen ein weiteres Mal dorthin begibt. Doch kollektive Arbeitsprozesse sind nicht per se künstlerisch produktive Arbeit in dem Sinn, dass jede oder jeder Beteiligte zu Wort, zum eigenmächtigen künstlerischen Ausdruck kommt.
In der Regel walten im Schauspiel, Oper, Konzertsaal oder Jazz-Club hierarchische Produktionsformen unter Leitung einer Regisseurin oder Dirigenten. Die Ausnahme produktiver künstlerischer Zusammenarbeit haben wir, um den unglücklichen Begriff der „Kollaboration“ zu vermeiden, Kollaborativ genannt. Das Kollaborativ erfordert mehr als Materialbeherrschung, Text- und Ausdruckssicherheit, sondern, kurz gesagt, Vertrauen, Offenheit und die Fähigkeit zum Hinhören, Responsivität, Hingabe an den anderen.
Um den Kollaborativen weiter auf die Spur zu kommen, wandten wir uns erneut an die Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin, den Künstler John Bock und den Schauspieler-Künstler Lars Eidinger. Ihnen gelang mit Peer Gynt. Ein Taten-Drang-Drama im Februar 2020 eine Ausnahmeinszenierung, die einen Einblick in kollaboratives Arbeiten ermöglicht.
Henrik Ibsens 1867 im Druck erschienenes Werk Peer Gynt. Ein dramatisches Gedicht bot Eidinger / Bock das denkbar geeignete wie vermessene Sprungbrett. Die Verbindung von Sprechtheater und Orchestermusik galt dem 19. Jahrhundert als die ausgezeichnete gemeinschaftsstiftende, kollaborative Kunstform schlechthin. Beethovens 9. Symphonie mit Schillers Ode an die Freude machte 1824 den Anfang, Schumanns Manfred nach Byron folgte 1852, Wagner finalisierte mit dem Ring in Bayreuth 1886. So hatte auch Ibsen für die Uraufführung des bearbeiteten Lese-Stücks…