Michael Hübl
Konkret sind Hartmut Böhms Arbeiten im strengsten Sinne. Das gilt zunächst für das Material. Es wird so genommen, wie es ist: Ein Bogen Papier ist ein Bogen Papier, eine Graphitlinie eine Graphitlinie. Preßspan bleibt in der Regel ebenso unbehandelt wie Karton oder Stahl. Wobei die Behandlung, die Böhm neuerdings diesem Werkstoff angedeihen läßt, eine Grundeigenschaft herausstreicht, die allen seinen Materialien gemein ist, die aber möglicherweise als scheinbare Selbstverständlichkeit übersehen wird. Wenn er wie jetzt in Lüdenscheid eine Reihung vertikaler Stahlprofile als harmonische Farbentwicklung von Rot nach Grün anordnet, dann beschränkt sich der künstlerische Eingriff auf die Definition der Profillänge und auf die Verteilung der mit einer je verschiedenen Schicht überzogenen Stahlstücke. Allein deren Zahl ergibt sich gleichsam automatisch: aus den beiden Rohzuständen “geölt” und “gerostet” und aus den vier gängigen Rostschutzfarben. Böhm benutzt den Stahl also nicht als Malgrund, er bemalt das Metall nicht, um es über die Farbigkeit in den Kunstkontext zu holen, sondern er markiert, akzentuiert lediglich dessen Materialität, indem er den Stahl mit einem Stoff versieht, der als Schutzschicht notwendig zu ihm gehört. Damit wird ein Zusammenhang noch einmal eigens hervorgehoben, der die Wahl der Werkstoffe bei Böhm generell bestimmt: Sämtliche Materialien sind industriell hergestellt und werden in der Beschaffenheit verwendet, die sie während des Fabrikationsprozesses erhalten. Allenfalls werden die zur Konservierung üblichen Mittel, darunter Rostschutzprimer oder Holzschutzlasuren, eingesetzt. Die Materialien, auf die Hartmut Böhm zurückgreift, sind also nicht eigentlich natürlich. Sie sind Grundprodukte, Halbzeug.
Dieser unmittelbare Bezug zur technologischen Praxis der Gegenwart zieht inhaltliche Weiterungen nach…