Maribel Königer
Haralampi G. Oroschakoff
“Dandolo/Cambio”
Museum Fridericianum, 5.11. – 30.12.1989
Staatsgalerie moderner Kunst, 20.4. – 27.5.1990
Selten war ein Sieg so triumphal, selten bot sich den Siegern so reiche Beute dar wie damals, im Jahre 1204, den Venezianern. Eigentlich hatte es ja gegen die Ungläubigen in der Levante gehen sollen, doch die waren hartnäckig, und weil man schon in der Nähe war, suchte der Doge Enrico Dandolo schließlich bei den oströmischen Querulanten Lorbeeren für die Seerepublik zu erringen. Tatsächlich: Byzanz, das dem islamischen Druck beharrlich widerstanden hatte, mußte sich den Glaubensgenossen am 13. April gänzlich unterwerfen.
Vae victis! Haralampi G. Oroschakoff ehrt mit seinem Ausstellungstitel nicht den Eroberer. Die Installation aus sechs großformatigen Bildern, konzipiert für die exponierte Rotunde des Kasseler Fridericianums und dann neu gruppiert in dem für Studioausstellungen reservierten Saal der Münchner Staatsgalerie, solidarisiert sich mit den Unterlegenen. “Prophet”, “Rose”, “Geste”, “Stifter”, “Engel” und die “Legende vom Heiligen Kreuz” künden in selbstvergessener Unschuld von der vergangenen Macht der Orthodoxie, von den Bildern vor dem Zeitalter der Kunst. Wie Freskenfragmente treiben Farbinseln auf dunklem Grund, Bildtitel und -motivik restituieren eine für die Kunst längst ad akta gelegte Ikonographie. Gelängt, frontal und geheimnisvoll stehen die Figuren, schimmernd leuchtet das Gold, bedeutungsvoll in ihrer Isoliertheit weisen die Bruchstücke einstmaliger Kultbilder auf die verbürgte Symbolik Jahrhunderte alter Riten.
Kein Zweifel, hier soll an den verblaßten Glanz der alten Ikone erinnert werden, an jene die einzige Wahrheit, die Heilsverkündung, in sich tragende Bildtafel, die der Doge Dandolo einst in den Westen schaffen ließ, wo ihr nach den genialen…