Claudia Posca
Hans von Marées und die Moderne in Deutschland
Kunsthalle, 25. 10. 1987 -10. 1.1988
Kunstmuseum Winterthur, 31.1.1988 -4.4.1988
»Mögen der Beurteilung der Gemälde die Äußerlichkeiten … noch eine Weile hindernd im Wege stehen, … das, was MARÉES in seinen Zeichnungen geschaffen hat, drängt sich jedem sehenden Auge ohne weiteres auf. Die zahllosen Kompositionen, die er flüchtig auf das Papier warf, manche einfache Akte, deren schwellende Körperlichkeit sich in wenigen Linien gibt, Bewegungsstudien, die mit einem das Papier kaum berührenden Stift in unerhörter Lebendigkeit geschaffen wurden; dieser Umfang des Ausdrucks, der die größte Wucht bis zur zierlichsten, verschwiegensten Empfindung malt: dergleichen Fülle gibt es in zeitgenössischen Zeichnungen nicht zum zweitenmal.« Diese treffenden Worte schrieb 1910 Julius Meyer-Graefe über Hans von Marées, dessen Künstlerbiographie wegen der impliziten Künstlerglorifizierung häufig Anlaß strittiger Diskussion ist, weil – zugegebenermaßen – kunsthistorisches Material nicht immer dadurch fundiert werden kann, indem der zur Diskussion stehende Künstler zum Künstler schlechthin erkoren wird. Künstlerlob hat etwas mit subjektiver Stellungnahme zu tun und scheint aus diesem Grund höchst zwiespältig, weil eben gerade kunsthistorische Wissenschaft das Subjektive zugunsten einer Objektivität auszuschließen sucht, dabei allzuoft jedoch Grundlagen und Voraussetzungen wissenschaftlichen Diskurses nicht mitbedenkt. Wissenschaft ist ohne subjektive Fundierung schlechthin undenkbar bzw. nicht machbar. Umgekehrt tritt künstlerisches Schaffen im Hindurchgang durch ein je individuelles Erlebnis von Welt mit objektivem Anspruch auf, wie es Hans von Marées 1882 in einem Brief an seinen Mäzen Conrad Fiedler formulierte: »Einen geborenen Künstler würde ich denjenigen nennen, dem die Natur von vornherein ein Ideal in die…