Hans Haacke:
Symbolisches Kapital
Hans Haackes künstlerisches Frühwerk zeigt um 1960 zwar Anklänge an die Form- und Materialstrenge bei ZERO, seinen späteren Ruhm begründete er jedoch als politischer Künstler. 1971 dokumentierte er bröckelnde Häuserfassaden in einem New Yorker Slum-Viertel, ergänzte das Material mit Belegen aus dem Katasteramt über die Besitzverhältnisse. Welche Verquickungen es zwischen “Kunst und Kapital” gibt, zeigte er in den achtziger Jahren in einer Rauminstallation, die akribisch die Verschachtelung innerhalb eines europäischen Schokoladenkonzerns illustrierte, dem auch die “Trumpf”-Süßwarenfabrik des Aachener Sammlerehepaares Ludwig zuzurechnen war. Wo kam das Geld her, das dann in die Kunst floss? Welchen Anteil an jeder verkauften Tafel Schokolade hat eigentlich der Landarbeiter auf einer Kakao-Plantage?
Haackes Installationen waren und sind häufig analytisch-dokumentarisch konzipiert, sie sind Ergebnis einer genauen Recherche, wie sie sonst eher Journalisten, Wissenschaftler oder Wirtschafts-Detekteien anstellen. Die Kritik an den Zuständen des Kapitalismus wird in diesen Recherche-Ergebnissen “automatisch” mit transportiert, ohne dass es noch einer besonderen propagandistischen Ausformulierung bedürfte, denn in der absoluten Sachlichkeit und faktischen Stimmigkeit des Vorgetragenen liegt genügend Überzeugungskraft. Hier zeigt sich ganz klar ein Unterschied zu den plakativen Formulierungen von Klaus Staeck: Bei beiden Künstlern steht die moralische Richtigkeit ihrer Botschaften im Vordergrund. Staeck benutzt dabei Techniken der Montage in dadaistischer Tradition (wobei übrigens jene von Hanna Höch oder von John Heartfield zugleich ästhetisch wie agitatorisch gemeint waren), und er formuliert seine Kritik auch als Polemik, während Haackes Ästhetik eng an den dokumentaristischen Charakter gebunden bleibt.
Während auf der Kasseler documenta 8 (1987) Ange Leccia das damals neueste Mercedes-Modell auf einem Podest…