Urs Stahel
Hans Danuser
In Vivo
Forum Stadtpark, Graz 24.5.-21.6.1990
In vivo” – am Lebendigen – nennt der Schweizer Fotograf Hans Danuser (geb. 1953 in Chur) die in sieben thematische Serien aufgeteilte Arbeit von zehn Jahren. Nur 96 gültige Abzüge zeigt die Ausstellung sowie die aktuell erschienene Publikation (siehe Kasten), eine bewußte Beschränkung und Ökonomie also, vor allem aber auch der Beweis eines ökologischen Kunstwillens, der keinem inflationären, die Psychohygiene gefährdenden medialen Bilder-Output gehorcht, sondern im Konzentrat nach der Klarheit der Wahrnehmung forscht. Der Schweizer Kritiker Conradin Wolf hat treffend notiert: “Danuser ist kein Sach- oder Dokumentarfotograf, kein Reportagejäger oder nach Mythen lechzender Kunstfotograf, sondern ein Künstler- Philosoph, der eine schlichte Bestandsaufnahme verborgener Alltagsrealitäten zeigt… Hans Danuser ist in Tabuzonen vorgestoßen und hat die Inseln der Verdrängung besucht. Ohne den Zeigefinger der Anklage zu erheben, berichtet er aus den Goldlagern der Banken, aus den Pathologiesälen der Spitäler, aus den Zonen der Reaktor-, Laser- und SDI-Forschung oder eben ‘in vivo’ aus den Tierversuchsabteilungen eines Chemiekonzerns.” Die Fotoserien zu Danusers “In Vivo”-Arbeit, eine fotografische Untersuchung von neuralgischen Punkten in Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Forschung, tragen folgende Titel: “Feingold”, “A-Energie”, “Medizin I”, “Medizin II”, “Physik (Los Alamos)”, “Chemie I” und “Chemie II”. Weil Danuser in seinen Fotografien den Aspekt des Fotografischen derart dehnt, daß sich die Grenzen zwischen Malerei und Fotografie verwischen, sei nachfolgend der aus dem Katalog zur “In Vivo”-Ausstellung im Kunsthaus Aarau (1989) stammende Textausschnitt von Urs Stahel zitiert, der den Unterschied von Wahrnehmung und Form in Malerei und Fotografie aufzeigt und dessen…