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Ausstellungen: Rotterdam · von Amine Haase · S. 374 - 375
Ausstellungen: Rotterdam , 1996

Amine Haase
Han van Meegeren

»Fälscher aus Enttäuschung«
Kunsthal, Rotterdam, bis 2.6.1996

Man weiß, was unzufriedene, enttäuschte Maler anrichten können. Das blutrünstigste Beispiel ist der Wiener Kunststudent Adolf Hitler. Die Verbrechen anderer Frustrierter sind weniger mörderisch, vielmehr von Geltungssucht und Geldgier geleitet. Sie machen als Fälscher Karriere – mancher spektakulär bis zu Kinoglanz, wie Elmyr de Hory bei Orson Welles, mancher beispielhaft als juristischer Fall, wie Han van Meegeren 1947.

Ein Fall, nicht nur für das Gericht, sondern auch einer, der heute noch Kunsthistoriker und Museumsexperten erbleichen läßt: Hochgeachtete Fachleute hielten Han van Meegerens Fälschungen für lange verschollene Vermeer-Bilder – und rissen sich darum, ihre Bilder-Abteilungen mit niederländischer Malerei des 17. Jahrhunderts damit zu vervollständigen.

Wenige Tage vor der Eröffnung der Vermeer-Ausstellung in Den Haag holte die Rotterdamer Kunsthalle die Werke Han van Meegerens ans Tageslicht, Fälschungen und eigene Kreationen. Die eine Werkhälfte ist in Museumsdepots versteckt oder hängt als Kuriosität in Privatsammlungen, die andere befindet sich in Familienbesitz und wurde kaum öffentlich bekannt. Die Meegeren-Schau in Rotterdam ist ein Coup der bizarren Art. Nein, keine Provokation, versichert Kunsthallen-Direktor Wim Pijbes. Nun ja, die Haager Museumsfachleute könnten das etwas anders sehen. Keine Provokation, wiegelt auch der Hausherr des Mauritshuis, Frederik J. Duparc, ab. Aber er findet die Bilder künstlerisch “einfach uninteressant” und die Schau wohl nur kommerziell begründet. Im Kielwasser der Haager Vermeer-Ausstellung kann die auf Umsatz angewiesene Rotterdamer Kunsthalle mit überdurchschnittlich hohen Besucherzahlen rechnen.

In jedem Fall ist der Blick auf das “Gesamt-Werk” van Meegerens ein überzeugendes Beispiel dafür, daß man hinterher immer klüger…



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