Hans-Jürgen Müller
Halb-Final Spiele werden im Kunstverein übertragen…
Wer Dr. Tilman Osterwold, den Leiter des Württembergischen Kunstvereins in Stuttgart, kennt, wird zunächst an eine eigenwillige Laune, besser gesagt an die Verknüpfung unglücklicher Umstände bei der Planung seines Ausstellungskalenders gedacht haben, als er auf der Einladungskarte zur Eröffnung einer Repräsentationsschau ortsansässiger Galerien am 14. April den obigen Hinweis auf das Halbfinal-Spiel des Europapokals entdeckte.
Jeder, der mit dem organisatorischen Ablauf von Ausstellungen Erfahrung besitzt, über lange im voraus festgelegte und an die Presse frühzeitig weiterzugebende Termine Bescheid weiß, wird ermessen können, welchen Schock (dazu im fußballbegeisterten Deutschland) die Nachricht beim Veranstalter künstlerischer Programme ausgelöst haben mag, als dieser erfuhr, daß er sich in Konkurrenz mit Beckenbauer & Co. befand.
Lassen wir einmal außer Acht, daß der Termin für das Halbfinal-Spiel, an dem in jedem Fall eine deutsche Mannschaft beteiligt sein würde (der Fachmann erkennt spätestens hier, daß es sich beim Verfasser dieser Zeilen nicht etwa um einen Fußballmuffel handelt), schon seit mindestens ebenso langer Zeit feststand, wie jener der Ausstellungseröffnung ‘Galerieportraits’ im Württembergischen Kunstverein. Übergehen wir, weil allein schon der Gedanke albern ist, die Möglichkeit, der Europäische Fußballverband hätte zur Änderung seines Zeitplans bewogen werden können, und unterstellen wir dem engagierten Direktor Tilman Osterwold nicht die Absicht, es auf eine Kraftprobe – hier Sport, da Kunst – bewußt angelegt zu haben. Bilden wir uns darüberhinaus ein, daß ein Ausstellungsleiter irgendeinen positiven Sinn darin sieht, trotz Kunstmarktinflation, alle örtlichen Galerien, Bilderhandlungen, Künstlerklubs, Bücherläden, Siebdruckwerkstätten einmal auf neutralem Parkett vorzustellen. Folgen wir den Spuren seiner möglichen…