Martin Blättner
Gustav Metzger
»Ein Schnitt entlang der Zeit«
Kunsthalle Nürnberg, 24.6. – 12.9.1999
“Auto-destruktive Kunst ist als die letzte verzweifelte subversive und politische Waffe in der Hand des Künstlers gedacht.” (G. Metzger)
Kein roter Teppich, sondern ein graues Pappe-Band führt in die dunkle Kammer des ersten Ausstellungsraumes, der exklusiv für Nürnberg so konzipiert wurde. Scheinwerfer beleuchten die beiden “Prehistoric Photographs”, die diesen symbolischen Parcours flankieren. Die vergrößerten Zeitungs-Ausschnitte der aktuellen Zeitgeschichte zeigen links die zuversichtlichen Staatsmänner Bill Clinton und Tony Blair am Vorabend der Luftschläge auf das Kosovo, rechts Außenminister Joschka Fischer im lebhaften Dialog mit dem serbischen Präsidenten Milan Milutinovic. Diese Gegenüberstellung bildet den Auftakt zu einer sowohl politisch wie künstlerisch brisanten Inszenierung, die teils einem wissenschaftlichen Archiv, teils einer ästhetischen Experimentierbühne ähnelt. Regie dieser Retrospektive führt der Aktionskünstler Gustav Metzger, ein Spiritus rector seit den sechziger Jahren auf diesem Gebiet. Von England aus, der zweiten Heimat des jüngsten Sohns polnischer Juden – der 1926 in Nürnberg geboren und 1939 in Sicherheit gebracht werden konnte – initiierte und organisierte er Aktionen und Strategien, die Kunst als Reaktion und Transformation politischer und gesellschaftlicher Prozesse verstehen. Die Konsequenz, mit der der Erfinder auto-destruktiver und auto-kreativer Kunst jeder Vermarktung aus dem Weg ging, hat die natürliche Folge, dass nur wenige verbliebene Relikte, Dokumente und Konzepte einen solchen Werdegang belegen können. Neben gedruckten Manifesten verweisen Foto-Serien über den Zerfall von Nylonbildern durch Säure-Sprühaktionen auf einen Kunstbegriff, der mit Zerstörungsgesten gegen das militärische Waffenpotential und Umweltvernichtung protestiert. Das Modell eines “auto-destruktiven Monuments” (1960) veranschaulicht im verkleinerten…