Karlheinz Schmid
Gustav Kluge
Kunstverein, 19.2.1987-31.1.1988
Bonner Kunstverein
Badischer Kunstverein Karlsruhe
Er quält sich zwischen Munch-Geschrei und Auerbach-Schlamm. Verzweifelt klammert er sich an jeden Funken Hoffnung: Selbst eine nackte Glühbirne kann deshalb zum Hoffnungsträger arrivieren, ein wenig Licht im Dunkeln versprechen. Der Hamburger Gustav Kluge, ein Schwergewicht unter den zeitgenössischen Malern, erzeugt tiefste Betroffenheit, geht erbarmungslos an die Substanz des Betrachters, freilich ohne jede Berechnung. Es ist die Last der eigenen Existenz, die sich zu verminein scheint; es sind Ängste und Sehnsüchte persönlichster Art.
Kluges beklemmende Bilder, allesamt Seismogramme der Seele, lassen sich nicht nach bewährtem Verfahren rezipieren. Sie bleiben widerborstig, verweigern sich auf mehreren Ebenen. Balance ist denn in der Tat ein Fremdwort, die Kompositionen kommen häufig aus dem Gleichgewicht, Die menschliche Figur, wesentlichstes Motiv dieser Psycho-Kunst, wird an den Bildrand gedrückt, kühn angeschnitten oder rücksichtslos mit dem Umfeld vereinigt Es sind geschundene Kreaturen, völlig Ausgelieferte, die weder allein noch in der Gruppe eine Chance haben. Ihre Lebenserwartung ist begrenzt, ihre Auflösung längst programmiert. Es sind überwiegend Opfer, die geduldig ihr Schicksal tragen. Ein Eldorado der Trauer.
Die Malerei kommt diesem tristen Ansatz entgegen, sie ermöglicht ihn. Die dicke Ölfarbe, oft schmutzige Grün- und Brauntöne, wird brutal aufgerissen, ins benachbarte Farbfeld gezerrt, so daß etliche Konturen aufweichen, ohnehin poröse Figuren noch anfälliger reagieren. Diese schrundige Oberfläche der vielschichtigen Bilder, jene Geschwüre aus dem Pigmentsack, verstärkt den Charakter einer existenziellen Malerei, wie sie authentischer kaum sein kann.
Gustav Kluge versteht es jedoch – und das ist die Qualität dieser Arbeit -, das eigene Leiden…