Dirk Schwarze
Gustav Klucis
Museum Fridericianum in Kassel, 24.3. – 26.5.1991
Für seine Arbeit im Kasseler Museum Fridericianum hat sich Veit Loers das Ziel gesetzt, neben Ausstellungen aktueller Kunst übersichtsschauen zu organisieren, in denen die Pioniere und wichtigen Strömungen der Moderne vorgestellt und in neuen Zusammenhängen präsentiert werden. Dabei entwickelte Loers ein Gespur dafür, die Aufmerksamkeit auch auf weniger beachtete Künstler und Schulen zu lenken. Ein gutes und attraktives Beispiel dafür war die Schau “Italiens Moderne”, in deren Zentrum die zweite Futurismus-Generation stand. Jetzt widmet sich Loers erneut einem Bereich der Moderne, der sich eher im Schatten der großen Namen des Suprematismus und Konstruktivismus befand – dem lettisch-russischen Künstler Gustav Klucis (1895 – 1944). Im zweiten Teil ihrer Laufzeit wird diese rund 300 Leihgaben umfassende Ausstellung durch eine weitere große Retrospektive ergänzt, die einen anderen Avantgardisten würdigt – Laszlo Moholy Nagy (21. April bis 16. Juni). Das Zusammentreffen der beiden Ausstellungen mag für die Kenner als Glücksfall angesehen werden, zumal beide Künstler wichtige Beiträge zum Konstruktivismus lieferten und sich sowohl mit Fotografie als auch Raumkonstruktionen auseinandersetzten. Das Fridericianum brachte diese Ballung der anspruchsvollen Unternehmungen allerdings an den Rand seines Etats und damit in finanzielle Nöte für das weitere Jahr.
Als Kurator der Klucis-Ausstellung fungiert Hubertus Gaßner, der Leiter des documenta-Archivs in Kassel, der als Kenner des osteuropäischen Konstruktivismus ausgewiesen ist. Daß Klucis so lange einer breiteren Aufmerksamkeit entgehen konnte, ist gewiß damit zu erklären, daß dieser Praktiker und konsequente Gestalter früher weitgehend als sowjetischer und kommunistischer Propagandakünstler eingestuft worden war. Das war er…