Heinz-Norbert Jocks
Günther Uecker
Kunstmuseum Lodz, Mai 1989
Galerie Hans Strelow 15.10-6.11.1989
So falsch es wäre, ihn als ewigen Nagelfetischisten zu etikettieren, so unwahr wäre es, ihn als nur Abstrakten abzuqualifizieren. Die ZERO-Zeiten, die ihn zusammen mit Heinz Mack, Otto Piene und Yves Klein weltberühmt machten, sind für Günther Uecker längst passé, ja Legende, und mit ihnen verlor das klare Bekenntnis zu einer entindividualisierten Ästhetik des Seriellen an Bedeutung. Das, was diesem Künstler eigen ist, ist das relativierende Verhältnis zum einmal Gemachten, der obsessive Drang nach vorn, der Kampf gegen das Stillstehen sich wiederholender Phantasie, der praktizierte Hang zur künstlerischen Wandlung. Vor allem charakterisiert ihn die unzimperliche Offenheit, die im neugierigen Bereisen ferner Länder und im intimen, auch fruchtbaren Auseinandersetzen mit fremden Kulturen ihren unverwechselbaren Ausdruck findet. In seinem ebenso klugen wie kraftvollen Ouvre, das seine Erfahrungen aus Erlebnissen und Büchern zieht, nimmt die strenge Vernunft mit der spielerischen Phantasie einen Dauerkontakt von erheblicher Effizienz auf. Ein Gang durch die in ihrer Auswahl und Inszenierung so hervorragende kleine Ausstellung mit “Bildern aus Polen” in der Galerie Strelow beweist, wie sehr seine Kunst das Geistige im Gewand der Abstraktion auszudrücken vermag. Mit der angemessenen Nüchternheit eines Heutigen, der sich als aktiver Erbe tradierter Kulturen versteht, wird die unendliche Geschichte christlicher Mythologie und mystischer Lehren in die künstlerische Weltbetrachtung einbezogen, jenseits des unerträglichen Klischees. Uecker fragt sich, wie es möglich ist, der Ikone russisch-orthodoxer Glaubenswelt und dem katholischen Heiligenbild in unserer Zeit einen unverrückbaren Platz anzubieten; er denkt auch nach über angemessene Abstrahierungen, über die…