Reinhard Ermen
Guido Reni und Europa
“Ruhm und Nachruhm”
Schirn Kunsthalle, 2.12.1988-26.2.1989
Lange war er verpönt, und schuld daran war das 19. Jahrhundert. Jetzt wird er, zumindest für ein breites Publikum, wiederentdeckt: Der Maler Guido Reni (1975-1642) aus Bologna, den seine Zeitgenossen auch gerne als “neuen Raphael” bezeichneten, ist nun in unser Bewußtsein gerückt, und die Frankfurter Schirn hat für diese “Rehabilitation” ein ungewöhnliches Feiertagskleid angelegt.
Den Lebenslauf des Malers im Vorübergehen betrachtend, erscheint dessen Karriere wie die Laufbahn eines Mannes, an dem immer etwas vom Wunderkind haften blieb. Anfang des 17. Jahrhunderts findet der Hochbegabte zu sich selbst, löst sich vom anfänglichen Manierismus und wird Hauptvertreter einer selbstbewußten italienischen Barockmalerei, welche ideale Schönheiten vor “naturalistische ” Wahrheiten stellt. Nach dem Willen des Vaters sollte der junge Reni eigentlich Musiker werden, und vielleicht liegt im schwelgerischen Ton des Malers noch etwas von der ursprünglichen Bestimmung.
Ja, die Entwicklung dieser barocken Malerei verläuft parallel zur Entwicklung der Oper, und Renis Triumphe sind jene idealen Gestalten, die vorgetragen werden wie Arien. Mit dem Reifen dieser Malerei verschwinden die störenden Hintergrunddetails; der plastische, aus Farben weich modulierte Körper tritt in den Vordergrund. Die ausdrucksstark vorgewölbte Brust, dramatisch akzentuiert durch die rhetorisch agierenden Hände, steht im Mittelpunkt der meisten dieser Figurationen, und die fast immer wiederkehrende Schlußkadenz all dieser Szenen ist der sehnsuchtsvoll verdrehte Blick zum Himmel, der sich ziemlich genau hoch über dem Kopf des Betrachters befinden muß.
Das Oeuvre des “göttlichen Guido” wurde mit der Frankfurter Ausstellung einer Neubewertung zugänglich gemacht, doch den eigentlichen Triumph feiert die Schirn….