Bregenz
Günter Brus
Kunsthaus Bregenz 17.02.–20.05.2024
von Heinz Schütz
Peter Weibel prägte den Begriff „Wiener Aktionismus“ und stand früher den Aktionisten nahe – er starb im März vergangenen Jahres. Hermann Nitsch ist seit zwei Jahren und Otto Muehl seit neun Jahren tot, Rudolf Schwarzkogler verunglückte (?) bereits 1969. Nun, sechs Tage vor Eröffnung seiner Ausstellung im Kunsthaus Bregenz, ist mit Günter Brus der letzte Protagonist des Wiener Aktionismus gestorben, einer Bewegung, die skandalisierte und schockierte, die Kunstgrenzen überschritt und Tabus durchbrach, die den Körper ins Zentrum rückte, das Nackte und Abjekte zelebrierte und mit Selbstverstümmelungen in Schmerzzonen vordrang.
Das Schockierende des Wiener Aktionismus hat sich, zumal was Günter Brus anbelangt, im Laufe der Zeit zunehmend verflüchtigt. 1968 trat er als Akteur der Gruppenaktion „Kunst und Revolution“ nackt im Auditorium Maximum der Universität auf und defäkierte, urinierte, onanierte. Er entzieht sich dann in Berlin der wegen „Herabwürdigung staatlicher Symbole“ verhängten Haftstrafe. Später wird er als österreichischer Staatspreisträger geehrt und heute wird Brus mit dem BRUSEUM in der Neuen Galerie Graz ein eigenes Museum gewidmet.
Es mag übertrieben sein mit Blick auf die Brus-Ausstellung im Kunsthaus Bregenz von Schockvermeidungstrategien zu sprechen. Und doch verzichtet das kuratorisch-ausstellungstechnische Konzept, an dem Brus noch mitwirkte, auf die intensive Vergegenwärtigung der einst skandalisierenden Aktionen. An den Wänden des Kunsthauses wurden in den oberen Etagen überwiegend kleinformatige, weiß oder schwarz gerahmte Fotos, Zeichnungen und Texte zu seriell-minimalistischen Clustern geordnet. Um sie in den weiträumigen Betonhallen wahrzunehmen, bedarf es der quasi lesenden Annäherung.
Der chronologische Ausstellungsrundgang beginnt mit Zeichnungen, die bis in die…