Essen
GROW IT, SHOW IT!
Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok
Museum Folkwang 13.09.2024–12.01.2025
von Thorsten Schneider
Aus Protest gegen die Gewalt und die Morde des iranischen Regimes verbrennen Frauen seit September 2022 ihre Kopftücher. Weltweit schneiden sich Menschen zum Zeichen ihrer Solidarität die Haare ab. „Das, was die traditionelle verbale Sprache ersetzte und überflüssig machte – und augenblicklich seinen Platz im Reich der ‚Zeichen‘ fand, das heißt im Bereich der Semiologie –, war die Sprache ihrer Haare.“ Pier Paolo Pasolinis präzise Beschreibung der Körperpolitik der 68er-Hippie-Bewegung findet ihre grausame Aktualität durch das (bärtige) autoritäre Regime des Iran. Die damalige First-Lady der USA, Michel Obama, glättete sich während der Amtszeit ihres Mannes täglich das Haar. Ihr Zugeständnis an ein konservatives Rollenbild, wie sie später erklärte. Schwarze Feministinnen wie Angela Davis oder bell hooks hatten bereits seit den 60er Jahren ihr krauses Haar als politisches Zeichen des Empowerment offen getragen. Die politische Ikonographie des Haares ist lang. Sie ist ein multiples Geflecht von Herrschaftsverhältnissen.
Die Ausstellung Grow it, Show it! Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok im Essener Museum Folkwang beleuchtet nun „die Rolle und Bedeutung von Haaren und Frisuren in Gesellschaft, Politik und Alltag.“ Das Spektrum, in dem die Bedeutung von Haaren verhandelt wird, ist breit gefächert. Was auf den Köpfen und Körpern dieser Welt sprießt, ist von Natur aus höchst kontingent. Erst die Kulturtechniken des Frisierens, Rasierens, Wachsens oder Laserns etc. versuchen, das eigene Erscheinungsbild zu gestalten. Sie sind symbolische Formen mit welchen Subjektivität sowie soziale Zugehörigkeit, wie auch…