Jürgen Raap
Grosse Bilder – kleine Apparate
»Medienbiennale Leipzig«, 22.10. – 1.11.1994
Kevin McCoy hatte kleine TV-Apparate im Handtellerformat in große Holzkisten (“Memory Boxes”) eingefügt. In grobkörnigen Schwarz-Weiß-Ausstrahlungen stellte er eine Äquivalenz zwischen persönlicher Vergangenheit mit ihrer Aktualisierung in medial aufbereiteten Erinnerungsbildern einerseits und der technologischen Vergangenheit eines Transportmediums andererseits her. Nicht das Medium an sich macht schon die Bilder auf der sensuellen Ebene kommunizierbar, sondern erst eine spezifische ästhetisierte Form: Auch Steven Spielberg wußte, weshalb er “Schindlers Liste” nur in Schwarz-Weiß drehen konnte. Doch Erinnerungen sind immer bloß bruchstückhaft, sie enthalten Leerstellen, und so war diese betretbare Kiste eine Metapher für mentale Leere und Unvollständigkeit.
Diese Arbeit konnte als einer der eigenwilligsten und auch recht gegenläufigen Beiträge zur Medienbiennale 1994 in den ehemaligen Buntgarn-Werken von Leipzig-Plagwitz angesehen werden, die Dieter Daniels dort unter dem Stichwort “Minima Media” organisiert hatte. Der an der Leipziger Hochschule lehrende Medienkunst-Dozent verwies mit diesem Motto auf das Paradoxon, daß die Medienapparate bzw. ihre Technologie immer kleiner, kompakter und damit auch omnipräsent werden, während die ausgestrahlten Medienbilder selbst immer größere Dimensionen annehmen, als ob sie den leeren Raum füllen müßten, den die minimisierten Apparate hinterlassen. Für diese These trat Douglas Gordon mit der Videoarbeit “Predictable Incident in unfamiliar surroundings” (1994) auf Großleinwand ein, ebenso Klaus vom Bruch mit den symmetrisch komponierten Fragmentaufnahmen des Muskelspiels eines unbekleideten Körpers auf einer großen gewölbten Bildschirmfläche (1994). Auch Heiner Blum hatte mit seinem Beitrag “Augentauschen” (1987) gerasterte Fotoportraits mit Überblendprojektionen monumental aufgeblasen.
Die rund 50 Künstlerbeiträge thematisierten jedoch Technik nicht als spielerisch inszenierten…