Paris
Gris, Vide, Cris
Von Sehschlitzen, Nachthäuten und anderen Kustoden der Leere
Rui Chafes – Alberto Giacometti
Fondation Calouste Gulbenkian 03.10. – 16.12.2018
von Doris von Drathen
In der Dunkelkammer der Dauer, wo das Wechselspiel des Lichts in das Gleichmaß der Finsternis eintaucht, hat der Bildhauer Rui Chafes sich eingerichtet. Die Nacht ist sein skulpturales Element. In Stahl geschnitten, gehämmert, geschweißt, glatt poliert und in vollkommene Schwärze gefasst, erscheinen seine Skulpturen wie auf des Messers Schneide zwischen Auftauchen und Entschwinden und versetzen uns in jene hellwache, fast verrückte Übersteigerung der Wahrnehmung, wenn sich zwischen Beobachtung und Intuition die Räume der Leere öffnen.
Wohl eher hier als auf formaler Ebene zeigt die Ausstellung1 Gris, Vide, Cris (Grau, Leere, Schrei) eine Verbindung zwischen Giacometti und Chafes, der geboren wurde, als der Meister starb. Die Leere aber trennt sie auch: Für den portugiesischen Bildhauer liegt hier ein Nullpunkt, ein Neubeginn. Für Giacometti droht der Schrecken des Nichts. In seinen Schriften spricht er von jenem entsetzten Schrei, der ihm entfuhr, als er zum ersten Mal die Gestalten und Gegenstände in den unfasslichen Abgründen der Leere wahrnahm2. Von da an war der Raum bloße Illusion für Giacometti. Auch für Chafes gibt es keinen Raum, außer er wird geschaffen; für ihn müssen Raum und Dingwelt von einem Lebenshauch berührt werden, sonst sind sie tot. Was Giacometti und Chafes aber teilen, ist das Wagnis, sich diesem Raum ohne Netz auszusetzen.3
Die Skulpturen von Giacometti sind eher von Leere umgeben, als daß sie im Körperinnern aufklafft. Der Kopf Le Nez, gemeinhin bekannt wegen der…