Die Ausstellung
Grief and Grievance: Art and Mourning in America
Die Fragmente der Trauer
Zu Okwui Enwezors Vermächtnis-Ausstellung im The New Museum, New York
Ein Gespräch mit Massimiliano Gioni von Heinz-Norbert Jocks
Die Ausstellung „Grief and Grievance: Art and Mourning in America“ im New Yorker New Museum ist das Vermächtnis von Okwui Enwezor, einem der einflussreichsten Ausstellungsmacher, der, 1963 in Nigeria geboren, mit der Documenta 11 die bornierte Enge des westlichen Kunstdiskurses sprengte und 2015 mit der 52th Biennale in Venedig neue Maßstäbe setzte. Dass er Weltenbürger war, der keine Grenzen akzeptierte, hat wohl mit dem Trauma seiner Herkunft zu tun.
Der 1963 in der Hafenstadt Calabar an der Grenze zu Kamerun geborene Sohn eines Bauunternehmers wuchs im Osten von Nigeria auf. Der dort wütende Bürgerkrieg, in dem christliche Igbo und muslimische Hausa und Fulani nach der Unabhängigkeit von Großbritannien bitter um die Vormachtstellung kämpften, zwang seine Familie zur ständigen Flucht und konfrontierte ihn mit der Erfahrung der Gewalt. Diese spiegelt sich in der New Yorker Ausstellung wider, die Enwezor, der von 2011 bis 2018 das Münchner Haus der Kunst leitete, konzipiert hat, aber wegen seines frühen Todes am 15. März 2019 nicht selbst kuratieren konnte. Sie handelt vom kollektiven Trauma, von dem Leid und der Trauer der Afroamerikaner, von der Epoche der Sklaverei bis zum neuen Nationalismus zu Trumps Zeiten, von der ewigen tödlichen Gewalt gegen Schwarze.
Ein Team von Kuratoren und Vertrauten griff seine Ideen und Ausstellungspläne auf und führte aus, was bis zu 85 Prozent von ihm bereits konzipiert war. So Massimiliano…