Karlheinz Schmid
Grafik-Revival
BILANZ DER »EDITION 1/90« IN BASEL
13. – 18. JUNI 1990
Als nach neo-expressiven, neo-geometrischen und neo-konzeptionellen Strömungen kein neuer Neo-Stil aufflammen mochte, erinnerten wir uns an die 150jährige Fotografie. Wo sich inhaltlich nichts durchsetzen kann, muß also ein Medium herhalten, das relativ unverbraucht erscheint oder vorübergehend pausieren durfte. So wird nun, landauf und landab, die einst verpönte Grafik wiederentdeckt. Nahezu täglich erreichen uns Meldungen, Hinweise auf neue Editionen, darunter “Standard Graphik” in Köln oder “Phoenix Press” in Berlin.
Dabei läßt sich nicht übersehen, daß dieses Grafik- und Multiple-Revival eine Reaktion des Handels auf nachlassende Kaufkraft junger Sammler ist. Die müssen nämlich – wegen ständig steigender Preise selbst jüngster Kunst – oft passen und drohen, als Käufer auszufallen. Gleichzeitig spielt zweifellos die Tatsache eine entscheidende Rolle, daß in den vergangenen Jahren ein zunehmendes Interesse vieler Künstler zu registrieren war, wieder kleine Auflagen und ausgeklügelte Techniken zu favorisieren. Das im Bereich Grafik längst nicht mehr akute Experiment bekommt denn neuen Auftrieb, und die Messegesellschaften – ohnehin auf Ideen-Suche im offensichtlichen Städtewettkampf – nehmen diese Bewegungen gerne auf. Zwei junge Messen für die Auflagenkunst beweisen das: 1991 wird erstmals in Düsseldorf eine Veranstaltung dieser Art stattfinden, und die Schweizer Mustermesse in Basel hat ihren insgesamt erfolgreichen Start schon im vergangenen Juni gemacht.
“Edition 1/90”, so der Titel der jungen Messe, die ausschließlich der zeitgenössischen Grafik und den aktuellen Auflagenobjekten gewidmet ist, hat sich dank eines Expertenteams auf ein hohes Qualitätsniveau eingelassen. Aller Deklarationspflicht zum Trotz, es gab zwar auch einige 75-Franken-Poster, die der makellosen…