Gräber, Schädel und Gebeine
EIN NATIONALES MUSEUM DER »NATIVE AMERICANS« IN WASHINGTON
VON KATHRIN MEIER-RUST
Wieder einmal haben die nordamerikanischen Indianer einen langen und bitteren Kampf gegen den weißen Mann gekämpft – doch diesesmal haben sie ihn gewonnen. Den Kampf nämlich um die Abertausende von indianischen Schädeln und Gebeinen, die zusammen mit Grabfunden aller Art in anthropologischen, ethnologischen und naturkundlichen Museen des ganzen Landes ausgestellt oder in Kellern und Kisten zu Studienzwecken gehortet werden. Der Streit um die alten Knochen wirft viel Licht auf die bittere Gefühlslage der rund anderthalb Millionen “Native Americans”, wie die Indianer in den USA genannt werden. Seine friedliche Lösung illustriert aber andererseits, wie sehr das Verständnis für diese älteste und inzwischen kleinste aller ethnischen Minderheiten in der amerikanischen Gesellschaft gewachsen ist. Darüber hinaus hat diese Lösung, wie uns der Beitrag von Kathrin Meier-Rust zeigt, nun endlich auch den Weg freigemacht für die Errichtung eines “Nationalen Museums des amerikanischen Indianers” in Washington D. C.
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Der letzte freie Platz auf der Mall, Washingtons imposanter Museumszeile zwischen Kapitol und Obelisk, ist vergeben: Der amerikanische Kongreß hat ihn Ende Oktober 1989 einem Nationalen Museum des amerikanischen Indianers zugesprochen, das hier, gegenüber dem modernen “East Wing” der National Gallery, neben dem Rundturm der Hirshhorn Gallery und direkt unter den Stufen des Kapitols in den kommenden sechs Jahren gebaut werden soll. Das zukünftige Indianermuseum wird von der Smithsonian Institution, der großen halboffiziellen Museumsstiftung Washingtons, errichtet und verwaltet werden (es wird deren 15. Museum sein). Seine Bestände werden zum Teil aus dem Museum of Natural History…