Götz Adriani über Paul Cézanne
Als das Sehen sich gegen alle Konventionen sträubte
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Götz Adriani, der sich mit Cézanne, dem “lieben Gott der Malerei” (Matisse), nicht zum ersten Mal befaßt, versteht sich als “unpolitischer Mensch”, dafür aber als “ein Interessierter, der versucht, sein ganz persönliches Interesse publik zu machen”. In Tübingen, dem stillen Provinzstädtchen mit von Studenten eingebrachtem Miniflair, erscheinen seine Ausstellungen wie Kunsttouristen aus aller Welt anziehende Magneten. Auch für den engagierten Liebhaber der Kunst ein Ort des Widerspruchs. Stets wollte er sich auf Dinge einlassen, die ihm am Herzen liegen. Drum lud er Künstler wie Ulrich Rückriem oder Franz Erhard Walter, Sigmar Polke, Joseph Beuys, Amselm Kiefer, Andy Warhol und Claes Oldenburg zu sich in sein Haus, oben im Niemandsland der Vorgartenhecken. Wegen seines Verständnisses von Kunst, das manch einem in Tübingen aufstieß, gründete sich vor Jahren prompt eine “Bürgerinitiative gegen Mißbrauch des Hauses”. Dabei ist Adriani bei Leibe kein Linker des Mai von 1968. Ausstellungshäuser hält er für Zentren eines sinnvollen Freizeitanbgebots. Exotisch erscheint es, Cézanne statt in Paris an der Seine oder in New York am Hudson River ausgerechnet in Tübingen am Neckar zu begegnen. Seit jeher war Adriani bedacht auf eine Kunst mit Weichenstellerfunktion. Drum also zum dritten Mal Paul Cézanne als großen Maßstab.
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H.-N.J.: Was interessiert Sie persönlich an Cézanne? Sicherlich geht es Ihnen nach Ausstellungen der Zeichnungen und der Aquarelle nicht nur um eine Komplettierung des Cézanne-Bildes.
G.A.: Ausschlaggebend war, daß es relativ wenig Ausstellungen des Werks von Cézanne gab, vor allem…