RAINER ZENDRON
Glossar
ES IST NATÜRLICH ALLES KÜNSTLICH
Ausdifferenzierung
Richtig auseinandergeklaubt hat Kant den Naturbegriff in seinen Kritiken. Sie trennen naturwissenschaftliche, moralisch-praktische und ästhetische Betrachtung voneinander, und stellen gleichzeitig scharfsinnig fest, daß wir bei der Scheidung Natur – Kultur uns mit einem als ob Status der Natur begnügen müssen, um sie diskursfähig zu halten.
Bauersleut
Mit ruraler Pranke wird das Schaffen der heimischen Agronomen der Sphäre der Natur zugeordnet. Daß die “Pflege des Ackers”, der “An- und Landbau” schon in der Antike gerade konstituierend für den lateinischen Gegenbegriff cultura stand, tut der Vorstellung ebensowenig Abbruch, wie das Wissen, daß heute die Veredelung unserer Böden mit Herbi-, Fungi- und anderen -ziden hervorragendstes Bedrohungspotential für unsere Lebensgrundlage darstellt. Daß technisch-industrielle Genmanipulation nur ökonomisch-rationale Fortsetzung jahrtausendealten Treibens unserer ehrlichen Bauern und Bäuerinnen als Züchter und Gärtnerinnen ist, verschwimmt in den Nebeln der Verklärung. Die hineininterpretierte Funktion des Nährstandes als Landschaftsgestalter schuldet sich allein dem verkitschten Blick der Städter.
Claude-Spiegel
Im 18. Jh. wurde Künstlern und Touristen dieses Gerät zu Beobachtung pittoresker Szenerie anempfohlen. Es war ein kleiner, tragbarer, mit einer dunklen Folie hinterlegter Spiegel. Wenn der Blickausschnitt dem Ideal des französischen Malers Claude Lorrain (1600-1682) nahekam, betrachtete man ihn als genügend erhaben, um ihn zu genießen. Später entstanden auch Weiterentwicklungen der Vorrichtung, die den Ausschnitt nach Wunsch in strahlende Morgenröte oder Abendstimmung hüllten.
Distanz
Das Fremde der Natur und eine totale Ästhetik des Gartens ist nicht gleichermaßen zu haben. Je stärker die Natur von menschlichen Eingriffen durchwachsen oder aus ihnen hervorgegangen ist, desto wichtiger wird das, was an ihr Natur und nicht…