Christian Huther
Glam!
»The Performance of Style«
Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main, 14.6. – 22.9.2013; Lentos Kunstmuseum, Linz, 19.10.2013 – 2.2.2014
Ein schillerndes Gesicht: Eine Hälfte wirkt feminin mit roten Lippen, Lidschatten, gezupfter Augenbraue und einem Fuchspelz über der Schulter, die andere Hälfte wirkt maskulin mit Kippe im Mund, Dreitagebart, markanter Augenbraue und Safarihemd. Ein Wesen zwischen Frau und Mann? „S’he“ heißt denn auch bezeichnenderweise das Farbpolaroid, das der Künstler Ulay 1972 von sich gemacht hat. Er wollte seine Identität zwischen den beiden Geschlechtern ausprobieren. Damit war Ulay vor mehr als 40 Jahren nicht allein. Auch Nan Goldin fotografierte damals junge Männer, die sich schminkten wie eine Frau. Und Katharina Sieverding überblendete just zu dieser Zeit ihr Porträt mit Bildern ihres Partners Klaus Mettig.
Diese androgynen Erscheinungen zwischen Mann und Frau lebten einige Popmusiker ständig in ihren Auftritten vor – etwa David Bowie, Marc Bolan von „T. Rex“ und Bryan Ferry sowie Brian Eno von der Band „Roxy Music“. Aus heutiger Sicht kann man sie als geniale Selbstdarsteller bezeichnen, galt doch in den frühen 70ern der Slogan, dass das Leben eine ständige Performance sei. Jeder war sein eigener Hauptdarsteller, die Straße eine große Bühne. Wer die Haustür öffnete, musste folglich für einen exzentrischem Auftritt vorbereitet sein mit glitzernder Kleidung und grellem Make-up. Heute wirkt das komisch, mitunter sogar peinlich. Doch die Briten machten es vor und die Amerikaner machten es nach. Nur die Deutschen ließen sich nicht ganz mitreißen von diesem Spiel zwischen Tabubruch und Theater, das nicht immer bierernst war.
So der Eindruck in der…