Christiane Fricke
Giuseppe Penone
»Die Adern des Steins«
Kunstmuseum Bonn, 14.3. – 19.5.1997
Toyota Municipal Museum of Art, Toyota City, 5.8. – 3.11.1997
Die verkohlte Hand am Stamm eines Baumes. Irgendwann mußte man einfach zur Kenntnis nehmen, daß sie aus Eisen war. Aber bis zu diesem Moment zählte sie zu den rätselhaftesten Menetekeln der Arte Povera. Was geschah mit der dazugehörigen Person?
“Ich habe einen Baum gepackt: ich werde ihn auch in Zukunft nicht loslassen und mich dazu einer Hand aus Eisen bedienen. Der Baum wird weiterwachsen, nur an dieser Stelle nicht.” Giuseppe Penones Auseinandersetzung mit der Natur konnte in den frühen Jahren durchaus handgreiflichen Charakter annehmen. Damals, im Dezember 1968, war er gerade einmal 20 Jahre alt. Er lebte in den Seealpen in einem kleinen Dorf, wo er den Bäumen dabei zusah, wie sie sich seiner Berührungen erinnerten. Obwohl er ihnen auch mit Schnüren aus Zink draht und Blei zu Leibe rückte, um beispielsweise die Kontur seiner Umarmung der Rinde einzuschreiben – sein Umgang glich eher dem eines zärtlichen, respektvollen Liebhabers, als dem eines rüden Draufgängers.
Für den Dialog Kultur-Natur war Italien stets gut gerüstet. Weite Teile des Landes sind ländlich geprägt. Kaum ein Bauer, der außer Kartoffeln nicht schon einmal einen antiken Scherben in der Hand gehalten hat – Früchte einer Kultur mit langer Vergangenheit. Penone selbst, Jahrgang 1947, stammt aus altem, piemontesischen Bauerngeschlecht. Er zählt zu den jüngsten Künstlern des Arte Povera-Kreises, nahm an allen großen Ausstellungen teil, fühlte sich der Arte Povera jedoch nie so recht zugehörig, da die meisten ihrer…