Ute Thon
Giorgio Armani
Ringmeister im Zirkus der Eitelkeiten
Das Guggenheim-Museum geht mit der Mode und zeigt Armani-Klamotten als hohe Kunst. Business mit glänzenden Hüllen
Guggenheim Museum, New York City, 20.10.2000 – 13.1.2001
Saks Fifth Avenue, Bergdorf Goodman, Guggenheim. Wer dieser Tage New Yorks elegante Shopping-Meile hinaufwandert und dann den berühmten Kunsttempel betritt, erlebt ein seltsames Déjà-vu. Da hängen plötzlich paillettenbestickte Kleider, transparente Blusen und seidene Röcke so kunstvoll auf Mannequins drapiert und dramatisch beleuchtet wie in den Auslagen der Nobelkaufhäuser ein paar Blocks weiter unten auf der Fifth Avenue. Die Ausstellung heißt “Giorgio Armani”, genauso wie die Label in den teuren Klamotten, und ist der neuste Coup des Guggenheim-Museums.
Das Museum widmet dem italienischen Edelschneider eine umfassende Retrospektive. Guggenheim-Direktor Thomas Krens rechtfertigt das Ausstellungskonzept mit dem Anspruch des Museums, “Kultur in all ihren Ausdrucksformen zu untersuchen”. Armani sei “einer der einflussreichsten Designer des 20. Jahrhunderts”, sein kultureller und soziologischer Beitrag für unsere Gesellschaft beträchtlich. In New Yorks trendverliebter Kunstszene findet die Idee, einem Modemacher Museumsweihen zu verleihen, herzlichen Beifall. Die Armani-Retrospektive bekam mehr Berichterstattung als seine letzten Modenschauen in Mailand. Schließlich sind die Schranken zwischen Hoch- und Popkultur längst gefallen, Kunst ist, was man dazu erklärt. Modemacher, von Calvin Klein bis zum Underground-Schneider im East Village benehmen sich wie existenzialistische Artisten. Künstler sehen ihr Foto lieber in Vogue als in Art in America. Fashion ist der Altar, an dem sich alle zur Huldigung treffen.
Unter Kritikern hat die Schau dagegen für einiges Stirnrunzeln gesorgt. Schließlich hat das Guggenheim keine Kostümabteilung, die Ausstellung steht…