Gilberto Zorio
Galerie D & C Müller-Roth, Stuttgart, 6.5.-11.6.83
Gilberto Zorio, der in Turin lebt, ist ein “arte povera”-Künstler von Beginn seiner Produktion an. 1967 hatte er, 23jährig, seine erste Einzelausstellung bei Cian Enzo Sperone in Turin; im selben Jahr prägte Germano Celant den Terminus “arte povera” und bezog sich dabei auch auf Gilberto Zorio. “arte povera” hatte entscheidende Anstöße von den Studentenunruhen von 1967/68 erhalten und verstand sich als europäische und politische Kunst; eine Kunst, welche die gesellschaftlichen, historischen und politischen Bedingungen individueller Erfahrung von Materialien, Werken, Bildern und Zeichen zu erforschen und zu erproben suchte; in der Erfahrung zu reflektieren, nicht theoretisch zu formulieren suchte.
Die Ausstellung in der Galerie D & C Müller-Roth versammelt Arbeiten von 1968/69 und 1980-83; verblüffend ist, daß auf den ersten Blick diese Arbeiten ohne Bruch und ohne auffällige Veränderungen ineinander übergehen, daß fünfzehn Jahre Zwischenraum kaum bemerkbar werden. Einem näheren Zusehen zerfällt die Ausstellung in drei Gruppen, welche mit schöner Deutlichkeit zeigen, welch disparate und kaum miteinander verbundene Ansätze, Überlegungen und Sensibilisierungen unter dem Namen “arte povera” aufeinandergetroffen sind und in den Werken zu verschmelzen suchten.
Von den neun Arbeiten der Ausstellung sind drei von 1968/69: “pelle con resistenza”, 1968, ist ein ganzes, gegerbtes Rinderfell, vor dem eine Heizspirale, ein elektrischer Widerstand, rotleuchtend in der Luft hängt, “cerchio di terracotta”, 1969, besteht aus einem steilwandigen, geometrisch strengen Terrakottakreis (Durchmesser etwa 130 cm), über dessen geometrischem Zentrum eine runde Glasscheibe aufgehängt ist (Höhe etwa 170 cm), auf welcher ein spitz zulaufender Bleihaufen liegt. Hierzu gehört noch ein…