Rainer Unruh
Gilbert & George
»Jack Freak Pictures«
Deichtorhallen, Hamburg, 25.2. – 22.5.2011
Die Inszenierung lässt keinen Zweifel: Gilbert & George sind Stars, und so werden sie in den Deichtorhallen auch präsentiert. In großen Lettern wird die Ausstellung „Jack Freak Pictures“ angekündigt, und kaum hat man den Eingang passiert, ist man schon mitten drin in der Bilderwelt der exzentrischen Briten. Die Werke hängen in zwei Reihen übereinander, so dicht, dass sich die „White Cube“-Erfahrung einer klassischen Ausstellung kaum einstellt. Eher schon denkt man an eine Kirche, weil die Gliederung der Fotoarbeiten an die Einteilung von Kirchenfenstern erinnert und weil sich das Dach der Deichtorhalle hoch über den Werken wölbt.
Die britische Flagge, der Union Jack, ist allgegenwärtig. Das blaurote Muster ziert den Heiligenschein von Jesus und seinen Lendenschurz („Christian England“, 2008), färbt den Stadtplan von London ein („Cancan“, 2008) und schmückt die Straßen des East End („Street Party“, 2008). Eine seltsame Nostalgie geht von den 120 in Hamburg gezeigten Arbeiten aus. Das London, das sie zeigen, ist uns fast so fern wie das Paris der Passagen, das Walter Benjamin beschwört, Die quirlige City der Gegenwart, die Finanzwelt und ihre postmoderne Architektur, wird komplett ignoriert. „Metal Jack“ ist eine große Ausnahme, weil es die Härte und Glätte moderner Oberflächen zitiert. Ansonsten schmücken die Briten einen Großteil ihrer Bilder mit Medaillen, wie sie im 19. und frühen 20. Jahrhundert an Amateure in Vereinen für sportlichen Leistungen verliehen wurden. Ein auffälliger Anachronismus, ist doch London in Europa Vorreiterin für die urbane Fitness-Bewegung mit ihren Studios gewesen,…