Jürgen Kisters
Gibbs
Galerie Benden & Klimczak, Köln, 5.2. – 6.3.1999
Was belegt die rasch verstreichende Zeit besser als die tägliche oder wöchentliche Zeitung? In textlicher und photographischer Gestaltung geraten unzählige Themen in den aktuellen Blick der Aufmerksamkeit, um Tage später schon von neuen Texten, Bildern und Themen davongespült worden zu sein. Nichts ist älter als die Zeitung von gestern, sagt der sogenannte Volksmund. Ob und wie sich diese Logik durchbrechen läßt, zeigte der Bonner (und mittlerweile Kölner) Künstler Gisbert Mueller, Gibbs genannt, in seiner ,,Wall of Fame” in der Galerie Benden & Klimczak. Die Zeitungsthemen eines Jahres (1996) sind darin in einhundert Zeichnungen repräsentiert, indem Gibbs jeweils einen etwa Din-A-4 großen Zeitungsausschnitt zeichnerisch mit schwarzem Kugelschreiber bearbeitet hat.
Das Prinzip besteht darin, das Gedruckte der Zeitung durch kleine Kringel oder kräftige Schraffuren so zu überlagern, daß lediglich einzelne Ausschnitte der Zeitungsphotos hervorstehen: ein Ohr, gestikulierende Hände, die Oberschenkel einer Turmspringerin, ein Huhn, eine Oberarmtätowierung, ein Flugzeug, ein Augenpaar, und immer wieder Gesichter. Vielfach sind es die Gesichter prominenter Persönlichkeiten: Boris Becker, Wolf Biermann, Nelson Mandela, Prinz Charles, Fidel Castro, Anne Frank, die Kelly Family. Berühmtheiten eben, wie es sich für eine Wand des Ruhms gehört. Fehlende Gesichter-Kenntnis bei den Betrachtern kann durch genaues Hinsehen ausgeglichen werden, denn oft scheinen zumindest die Schlagzeilen auf der Zeitungsseite unter der Übermalung noch durch. Weil die vollständigen Texte allerdings nicht mehr leserlich sind, muß man selbst den Text zu den Photodetails erinnern oder erahnen oder einfach neu erfinden.
Rasch erkennt man in der zeichnerischen Zuspitzung, daß prominente…