GETREIDE, MEHL
Stefan Demary bedruckte 1994 anlässlich seiner Ausstellung in der Frankfurter Galerie Schütz die Einladungskarte mit dem Foto eines altmodischen Küchenregals. Das Motiv zeigt beschriftete Schubladen, in denen man Grundbedarfsmittel wie Gries, Zucker, Stärke, Graupen sowie Gewürze trocken, staubfrei und vor allem sicher vor Ungezieferbefall aufbewahren kann. Auf diesem Regal sind im Anschnitt Flaschen, Gläser und eine hölzerne Handmühle zu erkennen.
Eine Schublade ist in der gleichen Typografie, wie sie zwischen den 20er und den 50er Jahren des 20. Jh. modern war, mit dem Namen des Künstlers beschriftet: Damit erfährt das Küchenmotiv eine ironische Brechung. Die Aufschrift behauptet, im Inneren der Schublade befänden sich anstatt Mehl oder Körner Werke des Künstlers bzw. Informationen über ihn – das Küchenschränkchen wird also teilweise zu einem (angeblichen) Künstlerarchiv umfunktioniert. Auf diese Weise unternimmt Demary eine Gleichsetzung zwischen der Kunst und der existenziellen Bedeutung stärkehaltiger Grundnahrungsmittel.
Wichtige Dinge bewahrt man auch sonst gemeinhin in der Küche auf. Einbrecher schauen daher in der Regel zuerst im Küchenschrank nach und finden dort tatsächlich in den meisten Fällen das Haushaltsgeld lose in einem Topf liegen.
Barbara Francken legte 1994 in einer ehemaligen Kornmühle mit Weizenmehl und Steinen das Feld zu einem Mühlespiel an. Das Spielbrett konnte von den Besuchern praktisch genutzt werden. Als Pendant zu dieser Installation hatte die Künstlerin einen Durchgang in diesem Gebäude mit ungemahlenem Korn angefüllt. Die rohe, körnige Substanz des Getreidehaufens und ihre Pulverisierung zu Mehl bzw. dessen Ausstreuen zur Fläche des Mühlespiels bildeten einen materialästhetischen Kontrast innerhalb des künstlerischen Bedeutungsgeflechts, das wesentlich durch die Geschichte…