Norbert Radermacher
Ein Interview von Thomas Wulffen
THOMAS WULFFEN: Ihre Skulpturen situieren sich im Außenraum. Sie sind nicht signiert und verweigern sich einer offensichtlichen Kunstpräsenz. Könnte man von anonymen Skulpturen sprechen?
NORBERT RADERMACHER: Das Primäre ist die Faszination des Ortes oder der Situation, die mich an bestimmte Dinge denken läßt oder mich motiviert, in bestimmter Weise einzugreifen.
THOMAS WULFFEN: Die Arbeiten könnten aber doch sehr viel kunsthafter an den diversen Orten erscheinen. Die Anonymität stellt sich ja nicht nur durch die kleine Dimension oder die Verborgenheit her, sondern ihre Arbeiten zeigen sich nicht direkt als Kunstwerke.
NORBERT RADERMACHER: Das ist das, was ich suche. Es ist wie eine Gratwanderung: Das Ding, das ich an dem spezifischen Ort aufstelle, kann sich sowohl auf die Seite der Kunst stellen, je nachdem, wer es betrachtet, als auch auf die Seite von etwas Banalem oder Funktionalem. Das steht im Gegensatz zu einem Monument oder einer Skulptur. Da weiß jeder: Das ist Kunst, auch wenn er die Arbeit gar nicht richtig ansieht und erfährt. Meine Arbeiten passen da nicht rein. Ich suche die Lücke zwischen diesen Gedankengängen, die schon vorfabriziert sind.
THOMAS WULFFEN: Sie ziehen den unschuldigen Blick auf ihre Arbeiten dem sozusagen präparierten Blick, per Einladungskarte, vor?
NORBERT RADERMACHER: Bisher hat es Objekte mit Einladungskarte nur zweimal gegeben. Die Eröffnung findet dann auf der Straße statt. Mir ist es lieber, wenn die Dinge nicht präsentiert, sondern im Vorbeigehen gefunden werden.
THOMAS WULFFEN: Das bedeutet ja letztendlich eine Ausweitung ihrer Arbeiten.
NORBERT RADERMACHER: Ja, zum Beispiel hatte eine Kritikerin in Köln viele verschiedene Sachen…