Gert & Uwe Tobias
Grisaille
Staatliche Graphische Sammlung München in der Pinakothek der Moderne
28.07. – 16.10.2016
von Martin Blättner
Eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger fällt aus dem geordneten Rahmen. Sie liegt auf dem illusionistisch angedeuteten Fensterbrett – einerseits abgetrennt und doch zugleich eingebettet in eine hochartifizielle Komposition auf einer mit Holzstöcken bedruckten Leinwand. Dem zwei Meter hohen und drei Meter breiten Bild mit den zarten Tönen einer grau in grau gehalten Farb-Palette sieht man den druckgraphischen Vorgang kaum an: Das Blattwerk wirkt zusammen mit dem blaugrauen Hintergrund sehr malerisch und wird zugleich von den symmetrisch angeordneten Ornamenten des Fenstergitters in einem sehr klar strukturierten Rahmen gehalten. Das raffinierte Verfahren mit einzelnen Druckformen aus Pappelholz, die keine Maserung der Holzstruktur hinterlassen und wie Module verwendet und mit vollem Körpereinsatz auf die fein strukturierte Leinwand aufgebracht werden, macht diesen Eindruck möglich. Der Betrachter der abstrahierten und japanisch anmutenden Fensterbilder spürt im ersten Hauptraum der Ausstellung sehr schnell, dass hier ein ausgeklügeltes Konzept zugrunde liegt, das nicht nur das seit Adolf Loos verpönte Ornament wieder salonfähig macht, sondern sich auch noch mit einer kunsthistorisch fast in Vergessenheit geratenen Technik – der Grisaille – auseinandersetzt.
Die seit dem 14. Jahrhundert eingeführte Technik der monochromen Graumalerei oder Grafik, die auf Farbe verzichtet, um Schatteneffekte und Plastizität zu klären, sind der Ausgangspunkt einer neuen Werkgruppe, der sich die Künstlerbrüder Gert & Uwe Tobias gewidmet haben. Um dreidimensionale Wirkungen geht es den seit Jahren international bekannten Druckgrafikern mit siebenbürgischer Herkunft wohl nicht, eher um die Vieldeutigkeit eines rätselhaften und mysteriösen Schattenreiches, das die farbintensiven…