Hermann Pfütze
Gerhard Richter: Panorama
»Malen, nicht reden«
Neue Nationalgalerie, Berlin, 12.2. – 13.5.2012
Das Publikum unterhält sich angeregt, für viele ist es wie ein Wiedersehen mit den Bildern, auch wenn sie sie bislang nur als Reproduktionen kannten. Viel Betrieb ist auch vor zwei Bildern, die nur wenige schon kennen, nämlich vor den beiden stark ins Unscharfe aufgelösten Bildern „Tourist (mit 2 Löwen)“ und „Tourist (mit 1 Löwen)“ von 1975, auf denen aus einiger Entfernung und mit geduldigem Suchblick zwar die Löwenköpfe zu erkennen sind, aber keine Touristen. Bis jemand sagt: „Wir sind die Touristen“. Dann lachen alle und sind zufrieden, jetzt sehen sie die Bilder sozusagen mit den Augen der Löwen. Das ist ein Aspekt von Richters Meisterschaft und Beliebtheit: Man wird zwanglos verführt zu Blickgeschichten mit den Bildern; je länger und genauer man guckt, desto mehr zeigen sie und blicken zurück.
Gerhard Richter macht für seine Bilder keine Umstände geltend, weder persönliche noch politische, aber er hat Vorbilder. Über seine Landschaftsbilder sagt er ( Zitat im Audioguide): „Ein Bild von Caspar David Friedrich ist nicht vorbei, nur seine Umstände sind vorbei. Also kann man auch heute malen wie Friedrich. … Und die „Lesende“ ehrt Vermeer, den Malergott.“ Soweit seine Bilder neben Friedrich und Vermeer, und über Duchamp hinaus, Bestand haben, nennt er sie „erwachsene Bilder“. Richters Reaktion auf Marcel Duchamp wirft ein kritisches Licht auf dessen anhaltend kultische, unerwachsene Verehrung in der Kunstszene. Als Richter 1963 zum ersten Mal Duchamps „Akt eine Treppe herabsteigend“ sah, habe ihn „ein bisschen…