Reinhard Ermen
Gerhard Richter
»Atlas«
Städtische Galerie im Lenbachhaus, 2.8. – 22.10.1989
Museum Ludwig, 14.2. – 16.4.1990
Seit ca. 1964 sammelt Gerhard Richter alle Fotos, die er jemals als Vorlagen benutzt hat bzw. benutzen wollte, und mit dem Ende der 60er Jahre hat er begonnen, diese Fotos, gelegentlich auch Collagen und Skizzen, in Tafeln zusammenzufassen. Dieser stets wachsende “Atlas” wurde 1972 erstmals ausgestellt, zuletzt 1976 in Krefeld. Dann erlahmte mit Richters Konzentrierung auf abstrakte Bilder vorübergehend das Interesse an der Sammel- und Präsentationstätigkeit. Doch mittlerweile ist der “Atlas” wieder gewachsen, und zwar auf einen Gesamtkorpus von 500 Tafeln. Das sind die Tatsachen, so wie sie in dem eindrucksvollen Katalog (G.R., Atlas, herausgegeben von Fred Jahn, mit einem Text von Armin Zweite) nachzuschlagen sind.
Dieser ausgestellte Bildatlas ordnet seine Landschaften nach Motiven und faßt sie in Tafeln zusammen: Wolken zu Wolken, Gipfel zu Gipfel, Eisberge zu Eisbergen, Tafel hängt an Tafel. Der Rhythmus dieser Folgen ist das Ostinato, zuweilen irritiert durch leichte Verschiebungen, etwa wenn eine Skizzenfolge großzügiger gerahmt ist oder wenn eine 16er Sequenz auf eine 9er Batterie stößt. Die tafelweisen Motivreihungen ergeben gleichschwingende Farbklänge, denn die Wolken klingen ähnlich, die Gipfel, die Eisberge. Folgerichtig zeigt Richter nicht nur Fotos, die Vorlage gewesen sein könnten, sondern auch Fotostudien seiner Gemälde (auch die klingen, in Tafeln gefaßt, gleich) sowie Studien zu seinen Farbtafeln, deren Prinzip dem des “Atlas” verwandt ist. “Atlas” als Ordnungsprinzip könnte auch Studie zu diesen Farbreihungen sein oder zu den “48 Porträts” (1971/72), die das Prinzip auch kennen. Dabei fällt auf, daß das…