Christian Huther
Gerhard Richter
»18. Oktober 1977«
Portikus, 29.4.-11.6.1989
Museum Haus Esters, Krefeld, 12.2.-9.4.1989
Der 57jährige Maler Gerhard Richter erwies sich oft als “Chamäleon der bildenden Kunst”, denn sein Stilprinzip ist der scheinbar abrupte, aber stete Wechsel – etwa vom Fotorealismus zur Abstraktion, wobei sich gegenwärtig wieder der Kreis zu schließen scheint. Für ihn gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen gegenständlichen und ungegenständlichen Gemälden, beide sind für ihn einfach Bilder. Nun überraschte er einmal mehr mit einem Zyklus von 15 Leinwänden, die er “18. Oktober 1977” betitelte und die im Frühjahr in Krefeld und zuletzt im Frankfurter Portikus zu sehen waren.
Hinter dem lakonischen Titel “18. Oktober 1977” verbirgt sich im wahrsten Sinne des Wortes Sprengstoff, wurden doch an diesem Tag die RAF-Häftlinge Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe tot in ihren Zellen in Stuttgart-Stammheim gefunden. Die Arbeiten des in Düsseldorf lehrenden Künstlers, deren Idee er jahrelang mit sich herumtrug, entstanden zwischen März und November 1988, also vor dem (inzwischen beendeten) Hungerstreik der jetzigen RAF-Häftlinge. Die Gemälde, mit zwei Ausnahmen Kleinformate, sind alle in Grau gehalten; die Farbe des Todes verstärkt die Brisanz des bleiernen Traumas unserer jüngsten Geschichte.
Richter griff eine in den sechziger Jahren entwickelte, allerdings eher spielerisch verfolgte Technik der Realitätsbewältigung wieder auf und malte nach vergrößerten Polizeifotos – für Stefan Germer “Dokumente des staatlichen Triumphes” -, deren Ausschnitte er stark veränderte, die er variierte, verwischte und nur verschwommen wiedergibt: ein regelrechtes grüblerisches Vermalen. Die einzelnen Personen lassen sich nicht deutlich erkennen, zumal Richter – mit Ausnahme von wenigen, ausgewählten Bildern, die…