Johannes Meinhardt
Gerhard Hoehme
Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 21.6.-28.7.1985
Gerhard Hoehme, geboren 1920, kam 1951 nach Düsseldorf, lernte – vermittelt durch Jean-Pierre Wilhelm – in Paris Dubuffet und Fautrier kennen und wurde einer der Initiatoren des deutschen Informel; das Jahr 1957 wurde äußerlich durch die Gründung der “Galerie 22” wichtig, an der Hoehme beteiligt war, vor allem aber dadurch, daß er in diesem Jahr das rechteckige Tafelbild aufgab: 1957 begann Gerhard Hoehme sowohl unregelmäßige Vielecke, “shaped canvasses”, als auch wuchernde organische Bildformen, “Borkenbilder”, zu malen. Unregelmäßige Flächen, die mehrere Tafeln ineinander verschränken; kleinere Leinwände, die auf größere gesetzt oder in sie eingesetzt werden, “Farbpfähle”, auf der einen Seite; auf der anderen Seite Gips, der über die Grenzen der Tafel wuchert, unförmige Wolken und Schwämme, dicke Schichten aus Polyester, geradezu Reliefs aus Gips.
Das Jahr 1957 zum Thema innerhalb des Werkes von Hoehme zu machen, verleiht dieser Ausstellung – die Arbeiten von 1955 bis 1959 versammelt – den Charakter eines diachronen Einschnitts und erlaubt so eine zugleich sehr fremde und sehr nahe Wahrnehmungssituation; fremd deswegen, weil der diachrone Schnitt die Virulenz und die Widersprüchlichkeit der Arbeiten Hoehmes von 1957 nicht in einer ‘Werkentwicklung’ stillegt, sondern sie in der ungeklärten Frische ihrer künstlerischen Problematik freilegt; und nah deswegen, weil gerade diese unvermittelte Konfrontation mit der Auseinandersetzung von 1957 dazu zwingt, die sehr unterschiedlichen Positionen und Tendenzen dieser Arbeiten aus der Nähe wahrzunehmen und zu untersuchen und sie nicht in einem allgemeinen Verständnis von ‘Informel’ gleichzumachen und zu vereinnahmen.
Denn die – etwa 30 – Arbeiten aus derselben…