Gerd Rohling
Galerie Fahnemann, Berlin
Ein Stück Verzweiflung mag schon mitspielen, wenn Gerd Rohling die Abfallhalden unserer auf schnellen Verschleiß und kurzfristige Verwertung ausgerichteten Gesellschaft durchwühlt. Eine solch denkbare intensive emotionale Reaktion kann Auslöser für seine Fantasietätigkeit sein, die diesen Wegwerfprodukten in Assemblagen und Rauminstallationen ein neues Leben einhaucht, eines, das die Sinne in ständige Abenteuer verwickelt.
Rohlings Arbeiten waren im APRIL / MAI in Berlin nicht nur in der vom Hannoveraner Kunstverein ausgehenden Überblicksausstellung “Zwischen Plastik und Malerei” zu sehen, sondern in einer Einzelausstellung auch in der Galerie Fahnemann. Rohling (geb. 1948 in Krefeld), Mitbegründer der Berliner Selbsthilfegalerie 1/61, zeigte dort sechs Werke, sechs Anleitungen zum abenteuerlichen Umgang mit Zivilisationsresten. Nicht zu vergessen die Vitrine mit den herrlichen “Chiavari”-Gläsern (benannt nach einer italienischen Stadt), in sanften, transparenten Farben leuchtend, die aber Glas nur vortäuschen – hinter der eleganten Fassade verbirgt sich schnöder Kunststoff. Die Täuschung ist hier perfekt, die anderen Arbeiten von Rohling leben aber viel mehr von dem Bruch zwischen der Alltagsnützlichkeit der Dinge – obwohl sie wohl in den meisten Fällen längst aus ihrem Funktionszusammenhang entlassen wurden – und der neuen Aufgabe: “Großstadtdschungel” zu mimen, mit wilder, greller Farbgrimasse, auch wenn es sich nur um Papier-, richtiger: Blechtiger handelt.
Rohling bevorzugt als Ausgangsmaterialien vor allem Behälter für den Transport, wie z. B. Containerkarton, Benzinkanister aus Plastik oder Blechtonnen für Müll. Mit Aceton- oder Sprühlack erhalten sie einen giftigen, dynamisch-schrillen Farbüberzug. Den Industrieprodukten kontrastiert, was aus ihnen – zum Teil in wörtlichem Sinne – herausgeschnitten wird: markante Profile von federgeschmückten Indianerhäuptern oder…